So gebe es Hinweise auf Bilder, die manipuliert seien oder eigentlich aus Videospielen stammten. Breton bat um Antwort innerhalb von 24 Stunden. Musk gab sich zunächst unwissend: Er rief Breton auf, die Verstöße aufzulisten, "damit die Öffentlichkeit sie sehen kann". Der Kommissar blieb hart: "Die Berichte ihrer Nutzer – und der Behörden – über Falschinformationen und die Verherrlichung von Gewalt sind ihnen gut bekannt." Es sei nun an Musk, seinen Worten Taten folgen zu lassen. "Aber was sind diese Inhalte, von denen die Rede ist?", schrieb Musk Stunden später erneut.
Facebook, X, Google und viele andere müssen nach einem neuen EU-Gesetz scharf gegen illegale Inhalte wie zum Beispiel Hass und Hetze im Netz vorgehen, sonst drohen ihnen saftige Geldbußen. Auf dem Profil von X, wo über Maßnahmen zur Plattform-Sicherheit informiert wird, hatte es am Montag geheißen, man sei am Wochenende gegen "zehntausende" Beiträge mit Darstellung von Gewalt oder Hassrede vorgegangen. Auch seien neu geschaffene Accounts mit Verbindungen zur Hamas entfernt worden.
In Berlin beklagte Digitalminister Volker Wissing (FDP) eine Zunahme antisemitischer, volksverhetzender Posts. Er appellierte an Elon Musk und alle Plattform-Betreiber, Accounts zu löschen, die Terror verherrlichen, zur Vernichtung Israels aufrufen und Gewalt gegen Juden schüren. "Stoppen Sie das Verbreiten barbarischer Videos und hetzerischer Falschinformationen." Dies sei nicht nur eine gesetzliche Pflicht nach dem Digital Service Act der EU, sondern auch eine ethische Verantwortung.
Antidiskriminierungsbeauftragte ruft Regierung zum Verlassen von X auf
Derweil rief die unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, die Bundesregierung zum Verlassen von X auf. Das berichtete das Medienhaus Table.Media unter Berufung auf die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Weiter heißt es, Ataman kritisiere in einem Schreiben an Regierungssprecher Steffen Hebestreit die X-Betreiber massiv und weise auf die mangelhafte Durchsetzung geltenden Rechts hin.
Es sei "zunehmend fragwürdig, ob Regierungs- und staatliche Behörden Öffentlichkeitsarbeit auf einer Plattform betreiben sollten, die zu einem Desinformations-Netzwerk geworden ist und dessen Eigentümer antisemitische, rassistische und rechtspopulistische Inhalte teilt oder verbreitet", heißt es in dem Schreiben weiter.
Die Kommunikation auf dieser Plattform werde immer schwieriger, räumte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, ein. Auch mit Blick auf Kommentare unter Äußerungen von Grünen-Mitgliedern bei X sagte sie: "Da bricht sich inzwischen der Hass nur noch Bahn". Parteien und die Bundesregierung müssten aber abwägen, ob es sinnvoll wäre, sich von einer so breit etablierten Plattform zu verabschieden. Denn dies würde dann dazu führen, dass die Nutzerinnen und Nutzer dort "nur noch einseitig beschallt werden".
Jüdische Organisation beobachtet Anstieg antisemitischer Inhalte auf X
Tech-Milliardär Musk hatte vor knapp einem Jahr Twitter gekauft und den Online-Dienst später in X umbenannt. Er entließ kurz nach der Übernahme rund die Hälfte der Belegschaft. Bei seinem Sparkurs verloren laut Medienberichten auch viele Mitarbeiter ihre Jobs, die für die Sicherheit der Plattform und den Kampf gegen Falschinformationen zuständig waren. Die von Musk eingesetzte X-Chefin Lind Yaccarino sagte jüngst allerdings, die entsprechenden Abteilungen würden inzwischen wieder aufgebaut.
Musk betonte immer wieder, dass Twitter aus seiner Sicht vor der Übernahme zu sehr die Redefreiheit eingeschränkt habe. Entsprechend lockerte er die Regeln für Äußerungen auf der Plattform. Unter anderem die jüdische Organisation ADL und einige Forscher sehen seitdem einen Anstieg antisemitischer Inhalte auf der Plattform. Musk weist dies zurück und drohte, die ADL vor Gericht zu zerren. Seit der Übernahme meiden zahlreiche frühere Werbekunden X, weil sie ein negatives Umfeld für ihre Marken befürchten. Das schlägt auf die Anzeigenerlöse durch.
Wegen antisemitischer Nachrichten bei Twitter hatten jüdische Studenten und die Organisation Hate Aid den Kurznachrichtendienst Anfang des Jahres vor dem Berliner Landgericht verklagt.