Eigentlich sollte der Tatbestand der Vergewaltigung verschärft werden. Wegen unterschiedlicher Auffassungen zur EU-Rechtsetzungskompetenz hat dieser Punkt aber letztlich keinen Einzug in die Richtlinie gefunden. Zu anderen Punkten gab es aber eine Einigung: So müssen die EU-Mitgliedsstaaten künftig geeignete Präventions- und Sensibilisierungsmaßnahmen gegen sexuelle Gewalt treffen, um das Bewusstsein in der Bevölkerung dafür zu stärken, dass sexuelle Handlungen Einvernehmen voraussetzen und dass sexuelle Handlungen ohne Einvernehmlichkeit strafbar sind. Dies entspricht dem Gedanken der Istanbul-Konvention, nach dem sexuelle Handlungen ohne freiwillige Zustimmung nicht aufgezwungen werden dürfen. Außerdem sollen künftig Strafanträge leichter eingereicht werden können.
Erstmals will die Richtlinie auch das Thema der gegen Frauen gerichteten Online-Gewalt aufgreifen. "Cyber-Stalking", die Verbreitung von intimen oder manipulierten Bildern, Mobbing im Netz, das Versenden von sogenannten "Dick Pics" oder das Aufstacheln zu frauenbezogenem Hass und Gewalt sind zunehmend ein Problem, dem die neuen Regeln adäquat begegnen wollen. Vorgesehen ist auch ein verbesserter Schutz für Kinder, die Gewalthandlungen beobachten und es sollen EU-weite Standards zur Ahndung von weiblicher Genitalverstümmelung und Zwangsheirat eingeführt werden. Darüber hinaus soll es einheitliche Standards zur Unterstützung und Betreuung der Opfer geben.
Ergänzend zur EU-Regelung haben sich das federführende Bundesjustizministerium und das Bundesfrauenministerium auf Initiative von Bundesfrauenministerin Lisa Paus auf eine Evaluation des 2016 neu gefassten nationalen Sexualstrafrechts geeinigt, in dem die "Nein heißt Nein"-Lösung verankert ist. Mit der Evaluation soll überprüft werden, ob die aktuell in Deutschland geltende Regelung den Vorgaben der Istanbul-Konvention vollständig entspricht. Die Evaluation soll noch in dieser Legislaturperiode starten.