Cum-Ex-Skandal: Schweiz liefert Hanno Berger an deutsche Justiz aus
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© Boris Roessler / dpa

Eine der Schlüsselfiguren im Skandal um illegale Cum-Ex-Geschäfte wird an die deutsche Justiz überstellt. Das Schweizer Bundesamt für Justiz teilte auf Anfrage mit, es habe die Auslieferung bereits am 20.08.bewilligt. "Nachdem das Bundesgericht nun in letzter Instanz nicht auf die Beschwerde des Betroffenen eingetreten ist, ist die Verfügung vom 20.08.2021 rechtskräftig geworden und kann vollzogen werden."

Berger seit letztem Jahr in Untersuchungshaft

Berger, ein deutscher Anwalt und früherer Finanzbeamter, gilt als einer der Architekten des Modells. Er lebte zuletzt in der Schweiz. Berger war im Kanton Graubünden festgenommen worden und sitzt seit dem vergangenen Sommer in Auslieferungshaft. Sowohl die hessische als auch die nordrhein-westfälische Justiz hatten die Auslieferung beantragt. Beiden Begehren sei nun stattgegeben worden, sagte die Sprecherin. Man rechne mit einer schnellen Überstellung des Beschuldigten. Das Schweizer Bundesamt äußerte sich zunächst nicht zu dem Fall. Aus Sicherheitsgründen informiere man nie vor dem Vollzug einer Auslieferung. 

Berger bestreitet Vorwürfe

Berger hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. Er und sein Anwalt argumentieren unter anderem, dass die ihm vorgeworfenen Delikte in der Schweiz nicht strafbar gewesen seien. Das hatte das Schweizer Bundesstrafgericht zurückgewiesen. “Es kann offensichtlich nicht richtig sein, dass eine einbehaltene Steuer zweimal ausgezahlt wird“, argumentierte das Gericht. Das Vorgehen sei als arglistig zu bezeichnen.

NRW-Justizminister: Cum-Ex wohl nur “Spitze des Eisbergs“

Die milliardenschweren Cum-Ex-Aktiengeschäfte sind nach Angaben von NRW-Justizminister Peter Biesenbach wohl nur die “Spitze des Eisbergs“. Dafür gebe es starke Verdachtsmomente, sagte der CDU-Politiker der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Eine Ministeriumssprecherin bestätigte dies auf Anfrage. Die Cum-Ex-Ermittler in Köln seien auf weitere Methoden des Steuerbetrugs gestoßen. “Um die Ermittlungen nicht zu gefährden, können wir diese Modelle derzeit nicht umreißen“, teilte sie mit. Biesenbach sagte: “Wer glaubt, den Staat plündern zu können, muss damit rechnen, dass der Staat die Herausforderung annimmt. Wir wollen das Geld.“ Es werde zeitnah zu weiteren öffentlich wirksamen Aktionen kommen, so Biesenbach weiter. Er gehe davon aus, dass die Zahl der Ermittlungsverfahren in diesem Jahr deutlich steigen werde. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt mittlerweile gegen mehr als 1.300 Beschuldigte.

Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte

Bei Cum-Ex-Geschäften schoben Banken und andere Finanzakteure Aktien mit (“cum“) und ohne (“ex“) Ausschüttungsanspruch rund um den Dividendenstichtag hin und her. Ziel des Verwirrspiels war die Erstattung von Steuern, die nicht bezahlt worden waren. Der deutsche Staat büßte dadurch Schätzungen zufolge einen zweistelligen Milliardenbetrag ein. Die Hochphase von Cum-Ex war zwischen 2006 und 2012. Mehrere Gerichte und Staatsanwaltschaften arbeiten den Skandal seit Jahren auf.

Redaktion beck-aktuell, 22. Februar 2022 (dpa).