Claudia Pechstein: Millionen-Streit gegen Eislauf-Weltverband nach 16 Jahren beendet
picture alliance/dpa | Peter Kneffel

2009 sperrte der Eislauf-Weltverband ISU Claudia Pechstein wegen angeblichen Dopings. Seitdem wehrte sich die Eisschnellläuferin juristisch, verlangte Schmerzensgeld und Schadensersatz in Millionenhöhe. Der Rechtsstreit, der auch Grundsatzfragen der Sportsgerichtsbarkeit aufwarf, ist nun vorbei.

Wie Pechsteins Lebensgefährte Matthias Große mitteilte, habe der "Fall Pechstein am 27. Februar 2025 nach über 16 Jahren ein klares und versöhnliches Ende gefunden". Über die Details der Einigung in dem Millionen-Streit wurden keine Angaben gemacht. Weitere Stellungnahmen des Teams Pechstein werde es zunächst nicht geben.

Die heute 53 Jahre alte Olympiasiegerin hatte die International Skating Union (ISU) auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von fast 8,4 Millionen Euro für eine 2009 ihrer Meinung nach zu Unrecht verhängte zweijährige Doping-Sperre verklagt (Az. U 1110/14 Kart.). Pechstein hatte Doping stets bestritten und stellte sich auf den Standpunkt, ihr seien Einnahmen entgangen, weil sie wegen der ihres Erachtens ungerechtfertigten Sperre nicht an den Winterspielen in Vancoucer 2010 habe teilnehmen können.  

Bei der Verhandlung vor dem OLG München im Oktober 2024 hat der Richter eine außergerichtliche Einigung angeregt. Danach sollte die ISU eine Ehrenerklärung formulieren. Anschließend sollte Pechstein entscheiden, ob sie damit einverstanden ist. Danach könne über die Höhe des Schadensersatzes verhandelt werden. "Räumt die ISU öffentlich ein, dass es falsch war, mich zu sperren, bin ich zu einem Vergleich bereit", hatte Pechstein vor Gericht erklärt.

Auch ein wenig Rechtsgeschichte

Ausgangspunkt für den juristischen Marathon durch Sport- und Zivilgerichte war eine zweijährige Sperre für Pechstein durch den Eislauf-Weltverband ISU wegen Verstoßes gegen die Anti-Doping-Regeln am 1. Juli 2009. Sie sei verantwortlich für die Anwendung der verbotenen Methode des Blutdopings, hieß es in der Begründung. Bei Blutkontrollen bei der Mehrkampf-WM vom 7. bis 9. Februar 2009 im norwegischen Hamar waren überhöhte Werte von Retikulozyten festgestellt worden.

Retikulozyten sind "junge" rote Blutkörperchen, die nur eine kurze Zeit lang nachweisbar sind, ehe sie zu "erwachsenen" Blutkörperchen werden. Diese sind für den Sauerstofftransport im Körper zuständig. Bei Pechstein wurde eine vom Vater vererbte Blutanomalie (Sphärozytose) festgestellt. Auch nach Ablauf ihrer Sperre blieben die Retikulozyten-Werte höher als erlaubt, Sanktionen durch die ISU erfolgten jedoch nicht mehr.

Dabei schrieb die Eisschnellläuferin, die als Polizeibeamtin arbeitet und auch zum Prozessauftakt vor dem OLG München in Uniform erschien, auch ein wenig Rechtsgeschichte. Lange ging es in dem Rechtsstreit um die Frage, ob Pechstein ihre Ansprüche überhaupt vor deutschen Gerichten geltend machen kann. Denn die Topsportlerin hatte sich einer Schiedsgerichtsvereinbarung vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS unterworfen, die den ordentlichen Rechtsweg eigentlich ausschloss. Sie berief sich aber stets darauf, dass sie ohne Unterzeichnung dieser Vereinbarung gar nicht an den Wettkämpfen hätte teilnehmen dürfen.

Anders als das OLG München hatte der BGH im Juni 2016 ihre Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aber wegen der Schiedsvereinbarung für unzulässig gehalten. Pechstein rief daraufhin das BVerfG an, das die Schiedsgerichtsvereinbarung für unwirksam hielt, das BGH-Urteil wegen fehlender rechtlicher Mindeststandards beim CAS aufhob und die Sache an das OLG München zurückverwies. Nun gab es eine Einigung.  

Redaktion beck-aktuell, bw, 4. März 2025 (dpa).

Mehr zum Thema