Im Stern-Interview sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Sonja Eichwede zum Catcalling: "Diese Gesetzeslücke muss geschlossen werden. Solch ein Verhalten können wir nicht tolerieren." Verbale sexuelle Belästigung schüchtere die Opfer, in aller Regel Frauen oder Mädchen, massiv ein. "Nicht die Opfer sollten ihr Verhalten ändern, sondern die Täter", sagte Eichweide. Sie verweist auf Studien, wonach häufig Opfer ihr Verhalten änderten und sich zum Teil aus dem öffentlichen Leben zurückziehen würden. "Dem müssen wir entschieden entgegenwirken", forderte Eichwede.
Laut BGH gibt es hier eine Gesetzeslücke
Sie kann sich vorstellen, dass zunächst Geldstrafen drohten. "Solche Fragen müssen aber in einem Gesetzgebungsverfahren geklärt werden", ergänzte Eichwede. "Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, eine Modernisierung des Strafgesetzbuches anzugehen und zu schauen, wo es Anpassungsbedarf gibt. Aus unserer Sicht gehört verbale sexuelle Belästigung dazu."
Die verbale sexuelle Belästigung gilt Eichwede zufolge im juristischen Sinne nicht als Beleidigung oder persönliche Herabsetzung. Der BGH habe in einem Urteil von 2017 festgestellt, dass hier eine Gesetzeslücke vorliege. "Wir sprechen hier von gezielter, erheblicher, mündlicher sexueller Belästigung." Die SPD hatte bereits in ihrem Wahlprogramm angekündigt, Catcalling strafbar machen zu wollen.
Wie sieht es in anderen Ländern aus?
Deutschland wäre nicht das erste Land, das diesen Schritt geht: Seit Juli 2024 ist sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum in den Niederlanden strafbar. Dazu gehört auch Catcalling. Kurz darauf ist erstmals ein Mann zu einer Geldstrafe verurteilt worden.
Er hatte nach Zeugenaussagen im August 2024 im Zentrum von Rotterdam eine junge Frau sexuell bedrängt – zunächst mit Bemerkungen und Zurufen, dann war er ihr hinterhergelaufen und hatte sie auch an den Hüften festgehalten. Ordnungskräfte hatten dies beobachtet und auch gesehen, dass die Frau versucht hatte, den Mann abzuwehren. Er hatte vor Gericht die Aussage verweigert. Das Verhalten des Mannes war nach Ansicht des Richters "erniedrigend, angsteinjagend und entehrend".
Laut Stern gibt es in Frankreich und Portugal Geldstrafen für Catcalling, in Spanien sind auch Haftstrafen möglich.