Mehr Resilienz für das BVerfG: Breite Unterstützung für Gesetzesänderungen

Union und Ampel wollen das BVerfG für mögliche Krisenzeiten sturmfest machen. Dafür sollen Vorgaben zur Struktur der Institution ins Grundgesetz. Die AfD hält das für unnötig.

In ungewohnter Eintracht hat der Bundestag erstmals über einen gemeinsamen Vorschlag von Ampel-Fraktionen und Union zum Schutz der Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit des BVerfG beraten. Notwendig sei die geplante Reform, da sichtbar werde, "dass die Parteien an den politischen Rändern stärker werden", sagte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU). In Polen und Ungarn habe sich gezeigt, wie Feinde der Demokratie eine Parlamentsmehrheit für die Einflussnahme auf das Verfassungsgericht missbrauchen könnten, sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese.

Man handele hier vorausschauend, sagte der Grünen-Rechtspolitiker Till Steffen. Er betonte: "Wir Demokraten sind nicht doof." Die Vorschläge für eine bessere Absicherung des Gerichts seien "ein guter Anfang", sagte Clara Bünger von der Gruppe Die Linke.

AfD hält die Pläne von Ampel und Union für überflüssig

Die AfD stellte sich gegen das Vorhaben. Ihr Abgeordneter Fabian Jacobi zweifelte die Notwendigkeiten an, die bewährten Regeln, die Struktur und Arbeitsweise des Karlsruher Gerichts betreffen, im Grundgesetz zu verankern. Er sagte, es seien derzeit "keine Bestrebungen, diese zu ändern", erkennbar.

Bisher sind Änderungen, die das Risiko einer Blockade oder politischen Instrumentalisierung des Karlsruher Gerichts bergen, theoretisch mit einer einfachen Mehrheit möglich. Für eine Änderung oder Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes ist dagegen immer eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat erforderlich. Da dies auch für die nun angestrebte Reform gilt, war die Ampel-Koalition gezwungen, die oppositionelle Union dafür ins Boot zu holen.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) lobte die konstruktiven Verhandlungen zwischen Ampel und CDU/CSU zu dem Projekt. Er sagte: "Das war Parlamentarismus in seiner besten Form." Und: "Hier hat man einander zugehört."

Amtszeit und Verbot der Wiederwahl sollen ins Grundgesetz

SPD, Grüne, FDP und Union wollen die zwölfjährige Amtszeit der Richter und den Ausschluss einer Wiederwahl sowie die Altersgrenze der Richter von 68 Jahren in der Verfassung festschreiben. Im Grundgesetz verankert werden soll auch die Festlegung auf 16 Richter und zwei Senate. Damit die Arbeitsfähigkeit des Gerichts in jedem Fall nicht gefährdet ist, soll im Grundgesetz dann außerdem stehen, dass ein Richter seine Amtsgeschäfte bis zur Wahl eines Nachfolgers weiterführt. 

Der Deutsche Anwalt­verein beklagt, dass ein Schlüs­sel­element, das er vorgeschlagen habe, bislang fehlt. Er setzt sich weiter für ein Zustim­mungs­er­for­dernis des Bunderates bei Änderungen am BVerfGG ein. "Jedenfalls solche Gesetzes­än­de­rungen, die die Wahl der Richte­rinnen und Richter betreffen, sollten nicht allein vom Bundestag beschlossen werden dürfen. Sie bedürfen einer zusätz­lichen institu­tio­nellen Absicherung. Der Bundestag sollte diese Kernfor­derung der Länder aufgreifen", heißt es vom Anwaltverein.

Redaktion beck-aktuell, bw, 10. Oktober 2024 (dpa).