Nach DFL-Niederlage in Streit um Polizeikosten - Was jetzt?

Nach jahrelangem Streit ist klar: Die DFL darf für Polizeikosten bei besonders gewaltgeneigten Fußballspielen zur Kasse gebeten werden. Aber was hat das für Konsequenzen? Vieles bleibt offen.

Nach dem Urteil des BVerfG zur Beteiligung der Fußball-Proficlubs an den Polizeikosten für Hochrisikospiele sind nun die Bundesländer am Zug (Urteil vom 14.01.2025 – 1 BvR 548/22). Doch die geben bei der heiklen Frage nach der Kostenübernahme ein gespaltenes Bild ab. Viele Fragen bleiben offen nach dem Spruch der Karlsruher Richter. Sie hatten die Beschwerde der Deutschen Fußball Liga (DFL) gegen eine Regelung aus Bremen zurückgewiesen. Ein Überblick:

Wie reagieren die Länder?

Bisher sind die Bundesländer bei der Frage der Kostenübernahme uneins. Viele wollen erst die Urteilsbegründung prüfen. Die Innenministerien könnten den Clubs in Zukunft die zusätzlichen Kosten für Hochrisikospiele in Rechnung stellen. Niedersachsen und Hamburg erwägen zumindest ein ähnliches Modell wie Bremen und sind damit offen für eine Kostenbeteiligung der Clubs. Dagegen bekräftigten Bayern, Nordrhein-Westfalen, Berlin und Brandenburg, weiterhin keine Kostenbeteiligung zu planen. Hessen strebt ein bundesweit einheitliches Vorgehen an.

Bremens Innensenator Ulrich Mäurer, der sich über viele Jahre hinweg mit dem Profifußball angelegt hat, hofft auf eine einheitliche Lösung bei der Innenministerkonferenz. Er wiederholte einen Vorschlag, wie das Urteil in die Praxis umgesetzt werden könnte: "Die Profiliga zahlt in einen Fonds ein, und die Polizeien des Bundes und der Länder werden dann nach dem Aufwand abgerechnet", sagte der SPD-Politiker.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland", allein die Bundespolizei setze schon jetzt rund 2.000 Polizistinnen und Polizisten an jedem Spieltag ein. "Das ist ein riesiger Kraftakt für die Sicherheit des Fußballs und seiner Fans", sagte Faeser. "Wir brauchen einen Schulterschluss mit den Vereinen, um gegen Gewalt konsequent vorzugehen."

Welche Auswirkungen hat das Urteil für Clubs der 3. Liga und der Regionalligen?

Der Profifußball spielt unter dem Dach der DFL, alles darunter fällt in die Zuständigkeit des Deutschen Fußball-Bundes. Der DFB sieht drohende Gebührenbescheide für viele Vereine, vor allem in der 3. Liga und der Regionalliga, als potenziell «existenzgefährdend». Hochrisikospiele mit mehr als 5.000 Zuschauern gibt es auch dort - zuletzt zum Beispiel in der Regionalliga bei den Begegnungen Eintracht Frankfurt II - Kickers Offenbach oder FC Carl Zeiss Jena - BSG Chemie Leipzig, dort mit 79 Verletzten. Gebührenbescheide in sechsstelliger Höhe könnte kein Verein unterhalb der 2. Bundesliga stemmen.

Bei der 1. und 2. Bundesliga sei eindeutig, dass die Spiele trotz der Gebührenerhebung weiter durchgeführt werden könnten, sagte Rechtsanwalt Sebastian Nellesen, der im April für den Deutschen Anwaltverein als Sachverständiger vom Bundesverfassungsgericht geladen worden war. "Die Gebührenerhebung hat keine erdrosselnde Wirkung. Dafür ist der Umsatz der DFL zu hoch." Grundsätzlich könne eine Gebührenerhebung aber durchaus scheitern, wenn sie dazu führe, dass Veranstaltungen nicht mehr stattfinden könnten, erklärte Nellesen.

2015 hatte der Stadtstaat Bremen der DFL erstmals rund 400.000 Euro für die Polizeikosten für die Bundesliga-Partie zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV in Rechnung gestellt. Weitere Bescheide folgten. Insgesamt geht es nach Angaben der Stadt Bremen mittlerweile um Gebühren in Höhe von mehr als drei Millionen Euro.

Was ist eigentlich ein Hochrisikospiel und wer bestimmt das?

Als Hochrisikospiele werden solche Partien bezeichnet, bei denen besonders mit Auseinandersetzungen zwischen den Fanlagern gerechnet wird. Nach DFL-Angaben gab es in der Saison 2022/23 bei insgesamt 612 Begegnungen in der 1. und 2. Liga 52 sogenannte "Rotspiele". Bei normalen Bundesligaspielen in Bremen sind 500 bis 600 Ordnungskräfte im Einsatz, bei Hochrisikospielen 800 bis 1.000, wie in der Verhandlung am Verfassungsgericht 2024 erklärt wurde.

Der DFB unterscheidet zwischen "Spielen mit erhöhtem Risiko" und "Spiele unter Beobachtung". Die Einstufung nehmen der gastgebende Verein zusammen mit DFB oder DFL vor und beziehen dabei die Sicherheitsbehörden mit ein.

Wird der Fußball im Stadion für die Fans jetzt bald noch teurer?

Dass die Gebühren für Polizeikosten bei Hochrisikospielen anteilig auf die Tickets umgeschlagen werden - dafür gab es bisher keine Ankündigung aus dem Profilager.

Müssen auch andere Sportveranstalter jetzt für Polizeischutz zahlen?

Nicht unbedingt. Die nun bestätigte Regelung in Bremen bezieht sich auf "gewinnorientierte, erfahrungsgemäß gewaltgeneigte Veranstaltungen" mit mehr als 5.000 Menschen. Krawallmacher sind im Sport vornehmlich im Fußball unterwegs, deshalb sind dort die Sicherheitsvorkehrungen wesentlich größer. Die verbotene Pyrotechnik ist auch in erster Linie ein Dauerproblem bei Deutschlands Sportart Nummer 1.

Die Basketball-Bundesliga hat das Urteil des BVerfG im Polizeikostenstreit mit gemischten Gefühlen aufgenommen. "Auf den ersten Blick könnte man sagen, das betrifft uns nicht, weil wir in der Basketball-Bundesliga keine Hochrisikospiele haben", sagte BBL-Geschäftsführer Stefan Holz der dpa. Selbst bei Derbys sei meist nicht mal ein einziger Polizist in der Halle. "Auf den zweiten Blick muss man aber schon sagen, das kann auch für uns ein großes Problem werden. Wir haben Clubs, die in internationalen Wettbewerben gegen Mannschaften aus zum Beispiel der Türkei oder auch Israel spielen, wo immer viel Polizei im Einsatz ist. Sollen das dann unsere Vereine bezahlen?", fragte Holz.

Zuletzt war das Gastspiel von Maccabi Tel Aviv bei Alba Berlin in der Euroleague von hohen Sicherheitsvorkehrungen begleitet worden. Aktuell gilt jedes Gastspiel einer israelischen Mannschaft in Deutschland quasi als Hochrisikospiel

Könnten Veranstaltungen abseits des Sports betroffen sein?

"Auch das Münchner Oktoberfest, der Kölner Karneval und die Silvesterpartys am Brandenburger Tor müssen den Veranstaltern in Rechnung gestellt werden", forderte ein Sprecher des Fanbündnisses "Unsere Kurve", schränkte aber auch ein: "Ob wir als Gesellschaft das allerdings wollen, darf bezweifelt werden." Auch wenn sich die Karlsruher Entscheidung nicht grundsätzlich auf Fußball beschränke, bezweifelt Rechtsanwalt Nellesen, dass das Urteil auch auf derartige Veranstaltungen Auswirkungen haben könnte.

Was sagen Kommunen zu dem Urteil?

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund erwartet durch das Urteil laut seines Sprechers Alexander Handschuh keine unmittelbaren Folgen für weitere Veranstaltungen. Das Urteil werde geprüft. "Wir sehen aber im Moment da jetzt keine kommunale Betroffenheit, die sich jetzt irgendwie abzeichnet", sagte Handschuh.

BVerfG, Urteil vom 14.01.2025 - 1 BvR 548/22

Redaktion beck-aktuell, Jacqueline Melcher und Ulrike John, 15. Januar 2025 (dpa).