Zwischen 1958 und 1962 kamen weltweit etwa 10.000 Kinder mit schweren Fehlbildungen ihrer Gliedmaßen und anderen Körperschäden zur Welt, häufig mit verkürzten Armen oder Beinen – ihre Mütter hatten während der Schwangerschaft das thalidomidhaltige Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan des deutschen Pharma-Unternehmens Grünenthal eingenommen.
Seit 1972 leistet die staatliche Conterganstiftung Rentenzahlungen und weitere Leistungen an contergangeschädigte Personen im In- und Ausland. Ein Contergan-Geschädigter aus Irland bezieht zusätzlich zur deutschen Conterganrente Leistungen des irischen Staates wegen seiner Conterganschädigung. Diese Zahlungen werden seit dem Jahr 2013 auf seine Conterganrente angerechnet. Hiergegen zog er vor Gericht.
Regelung gerechtfertigt: Anrechnung verhindert Doppelleistungen
Auf eine Vorlage des BVerwG hat das BVerfG jetzt entschieden, dass die entsprechende Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 2 ContStifG mit dem Grundrecht auf Eigentum und dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist (Beschluss vom 21.11.2023 – 1 BvL 6/21).
Die Conterganrente unterfalle als sozialrechtliche Position in ihrem gesetzlich gewährten Bestand dem Eigentumsschutz. Die Anrechnungsregelung des § 15 Abs. 2 Satz 2 ContStifG greife als Inhalts- und Schrankenbestimmung in die Eigentumsrechte der Conterganrentenbezieher ein. Der Eingriff sei jedoch gerechtfertigt. Die Regelung verhindere Doppelleistungen und vermeide damit Beeinträchtigungen der Gleichstellung der Leistungsempfänger.
Die Conterganrente genieße eine besondere, nicht aber eine unbeschränkte Schutzwürdigkeit. Denn die Schutzwürdigkeit des Eigentums in seiner Bedeutung als individuelles Freiheitsgrundrecht sei bei der Conterganrente zwar stark ausgeprägt; gleichzeitig habe die Conterganrente aber auch einen ausgeprägten sozialen Bezug, "weil sie in einen auf die Gemeinschaft der Contergangeschädigten bezogenen Gesamtzusammenhang eingefügt ist. Die Anrechnungsregelung genüge auch dem Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG).