Die Versicherungsgruppe hatte 2008 gegen die Slowakei ein Schiedsverfahren wegen Investitionsschäden eingeleitet. Grundlage war eine Schiedsklausel in einem bilateralen Investitionsschutzabkommen (BIT) zwischen der Slowakischen Republik und der Niederlande. Das Schiedsgericht in Frankfurt a.M. verurteilte die Slowakei zu 22,1 Millionen Euro Schadensersatz. Die Slowakei erstrebte die Aufhebung des Schiedsspruchs, scheiterte aber zunächst beim OLG Frankfurt a.M. Der BGH schaltete dann den EuGH ein, um die Vereinbarkeit von Schiedsklauseln in Investitionsschutzabkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten mit dem EU-Recht klären zu lassen. 2018 entschied der EuGH in seinem Achmea-Urteil, dass solche Schiedsklauseln gegen Art. 267, 344 AEUV verstoßen. Daraufhin hob der BGH den Schiedsspruch auf.
In Reaktion auf das EuGH-Urteil wurde das Übereinkommen zur Beendigung bilateraler Investitionsschutzverträge zwischen den EU-Mitgliedstaaten geschlossen. 2020 beschloss der Bundestag das Zustimmungsgesetz zu dem Übereinkommen, das im Januar 2021 in Kraft trat. Einen Eilantrag der Versicherungsgruppe, mit dem sie das hatte verhindern wollen, verwarf das BVerfG.
Mit ihren Verfassungsbeschwerden wandte sich die Versicherungsgruppe zum einen gegen die Aufhebung des Schiedsspruchs durch den BGH und zum anderen gegen das Zustimmungsgesetz des Bundestages zu dem BIT-Beendigungsübereinkommen. Ohne Erfolg - das BVerfG hat beide Beschwerden nicht zur Entscheidung angenommen (Beschlüsse vom 23.07.2024 - 2 BvR 557/19, 2 BvR 141/22. Die beiden Verfassungsbeschwerden seien unzulässig.
Verfassungsbeschwerden unzulässig
Was die Beschwerde gegen den BGH-Beschuss betreffe, habe Achmea habe weder ein Rechtsschutzbedürfnis noch eine Verletzung von Verfassungsrecht hinreichend substantiiert dargelegt. Mit Blick auf das BIT-Beendigungsübereinkommen sei zweifelhaft, ob sie ihr Rechtsschutzziel noch erreichen kann. Denn einiges spreche dafür, dass das Übereinkommen das BIT rückwirkend beendet habe. Die Schiedsabrede zwischen Achmea und der Slowakei könnte daher schon deshalb unwirksam sein. Achmea habe sich damit aber nicht substantiiert auseinandergesetzt.
Auch habe die Versicherungsgruppe eine Grundrechtsverletzung nicht ausreichend dargelegt. Das BVerfG verweist auf den grundsätzlichen Anwendungsvorrang des Unionsrechts, sodass der BGH grundsätzlich an EuGH-Entscheidungen gebunden sei. Soweit Achmea einen Ultra-vires-Akt geltend mache, fehle es an substantiiertem Vortrag dazu, dass die Rechtsanwendung des EuGH offenkundig unvertretbar sei und zu einer strukturellen Verschiebung von Kompetenzen auf die EU zulasten der Mitgliedstaaten führe.
Auch bei der Identitätsrüge fehle ausreichender Vortrag. Achmea behaupte lediglich, dass Deutschland durch das Ende von BIT wesentliche Fähigkeiten zur selbstverantwortlichen politischen und sozialen Gestaltung der Lebensverhältnisse genommen würden. Ob im Streitfall überhaupt die Einschränkung von Kompetenzen gerade Deutschlands in Rede stehe, darauf gehe Achmea nicht ein. Das Unternehmen habe ferner nicht substantiiert vorgetragen, dass die BGH-Entscheidung den Solange-Vorbehalt im Hinblick auf die geltend gemachten Grundrechte auslösen würde oder sonst unvereinbar mit den einschlägigen Grundrechtsgewährleistungen wäre.
Ratifikation durch Deutschland für Beendigung des BIT ohne Belang
Bei der zweiten Beschwerde gegen das Zustimmungsgesetz zum Beendigungsübereinkommen moniert das BVerfG ebenfalls eine unzureichende Begründung. Achmea zeige nicht nachvollziehbar auf, dass sie durch das angegriffene Zustimmungsgesetz unmittelbar in eigenen Rechten betroffen sei. Nach dem Beendigungsübereinkommen werde ein bilaterales Investitionsschutzabkommen wirksam beendet, wenn "die jeweiligen Vertragsparteien" das Beendigungsübereinkommen ratifiziert haben.
Das hier maßgebliche BIT werde also dadurch beendet, dass das die Niederlande und die Slowakei das Übereinkommen ratifiziert haben. Die Ratifikation Deutschlands sei dabei ohne Belang. Selbst wenn Deutschland das Beendigungsübereinkommen nicht ratifiziert hätte, hätte dies keine Auswirkung auf die Beendigung des BIT. Das gelte auch für den Fall, dass das Zustimmungsgesetz verfassungs-, unionsrechts- oder konventionsrechtswidrig wäre und aufgehoben würde.