Die Gutscheinlösung (Art. 240 § 5 EGBGB a. F.) erlaubte es Veranstaltern bei coronabedingt abgesagten Veranstaltungen, einen Gutschein auszugeben, statt den Ticketpreis zu erstatten. Das Amtsgericht Frankfurt am Main, das über einen Rückerstattungsanspruch entscheiden muss, sah in dieser Regelung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Eigentumsgarantie und einen Verstoß gegen den Vertrauensschutzgrundsatz, weil bereits entstandene Ansprüche nachträglich modifiziert würden. Es legte die Sache daher dem Bundesverfassungsgericht vor.
Vorlage unzureichend begründet
Ohne Erfolg - die Richtervorlage sei unzureichend begründet und daher unzulässig, entschied das BVerfG (Beschluss vom 07.11.2023 - 2 BvL 12/20). Warum die Gutscheinlösung unverhältnismäßig sein soll, lege das AG nicht hinreichend dar. Der Gesetzgeber habe die Gutscheinlösung für erforderlich gehalten, um Veranstalterinsolvenzen zu verhindern und nachteilige Folgen für die Gesamtwirtschaft, das kulturelle Angebot sowie für die Ticketinhaber zu verhindern. Warum er dabei seinen Einschätzungsspielraum überschritten haben soll, begründe das AG nicht. Auch macht das BVerfG noch einmal deutlich, dass als milderes Mittel nicht einfach auf eine Finanzierung der Aufgabe aus Steuermitteln verwiesen kann: "Mildere Mittel sind nicht solche, die eine Kostenlast lediglich verschieben".
Bei der Annahme des AG, die Gutscheinlösung sei nicht verhältnismäßig im engeren Sinne, moniert das BVerfG ebenfalls Mängel in der Begründung. Das AG berücksichtige nicht, dass die Gutscheinlösung gerade auch den Interessen der Ticketinhaber dienen sollte; denn ohne sie wären Rückforderungen bei finanzieller Schieflage oder Insolvenz von Veranstaltern nur schwer oder gar nicht durchsetzbar gewesen.
Kern gesetzgeberischer Abwägung außer Acht gelassen
Das AG lasse zudem völlig den Kern der gesetzgeberischen Abwägung außer Acht, dass Veranstalter durch Stundung vieler kleinerer Forderungen vor potentiell existenzgefährdenden wirtschaftlichen Beeinträchtigungen bewahrt werden sollten, die gedroht hätten, wenn viele Ticketinhaber sofort den Preis zurückverlangt hätten.
Auch lasse das AG unerörtert, dass der Gesetzgeber bei seiner Abwägung die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und der staatlichen Corona-Maßnahmen für die Veranstalter berücksichtigt hat, samt der Folgeprobleme für die Gesamtwirtschaft, das kulturelle Angebot in Deutschland sowie die Ticketinhaber.
Einen Verstoß gegen den Vertrauensschutzgrundsatz hat das AG laut BVerfG ebenfalls nicht ausreichend dargelegt. Das AG hätte prüfen müssen, ob Gründe jenseits der anerkannten Fallgruppen eine – im Vorlagebeschluss angenommene – Regelung mit echter Rückwirkung rechtfertigen könnten. Es hätte sich dabei insbesondere mit einer Ansicht in der Literatur auseinandersetzen müssen, wonach eine echte Rückwirkung etwa dann in Betracht komme, wenn der Gesetzgeber nicht früh genug auf eine sich schnell entwickelnde Sachlage reagieren kann und vielmehr "nachziehen" muss.