Bundesregierung beschließt Reform der Bundespolizei

Die Bundespolizei soll neue Befugnisse bekommen. Die Bundesregierung hat am Mittwoch eine Reform des Bundespolizeigesetzes gebilligt. Der Gesetzentwurf geht nun ins parlamentarische Verfahren.

Die Möglichkeiten der Bundespolizei, Telekommunikation zu überwachen und Verkehrs- und Nutzungsdaten zu erheben, werden nach dem  Gesetzentwurf erweitert – beispielsweise, wenn es um den Schutz von Leib und Leben geht. Die Bundespolizei soll künftig Mobilfunkkarten und -endgeräte identifizieren und lokalisieren dürfen – allerdings nur aufgrund eines richterlichen Beschlusses.

Die Bundespolizei soll künftig Drohnen zur Bild und Tonaufzeichnung einsetzen dürfen – beispielsweise zur Erstellung eines Lagebildes. Geht von unbemannten Fahrzeugsystemen wie Drohnen eine Gefahr aus, soll die Polizei technische Mittel gegen sie einsetzen können.

Das reformierte Gesetz stellt zeitlich befristete Aufenthaltsverbote oder Meldeauflagen auf eine Rechtsgrundlage. Die Bundespolizei soll Personen den Aufenthalt an bestimmten Orten für eine begrenzte Zeit untersagen können, wenn zu erwarten ist, dass die Personen dort Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen. So soll zum Beispiel verhindert werden, dass gewaltbereite Personen wie Fußballhooligans zu Großveranstaltungen anreisen.

Bild- und Tonüberwachung von Gewahrsamsräumen

Die geplante Neuregelung enthält laut Bundesinnenministerium eine Rechtsgrundlage, um DNA-Identifizierungsmuster speichern und DNA-Trugspuren erkennen zu können. Das soll aufwendige Ermittlungsverfahren durch falsche DNA-Spuren künftig verhindern.

Künftig soll die Bild- und Tonüberwachung von Gewahrsamsräumen zulässig sein. Dies soll die Insassen, aber auch die Beschäftigten der Bundespolizei schützen. Die Überwachung erhöhe die Hemmschwelle für Übergriffe und dokumentiere zugleich das Handeln der Aufsichtspersonen. Sie könnten so auch ihrer Kontrollpflicht besser nachkommen, etwa wenn Personen im Gewahrsam sich selbst verletzen.

Möglich sein soll in Zukunft eine einfache Sicherheitsüberprüfung aller Personen, die bei der Bundespolizei beschäftigt werden sollen. Dies soll den Eintritt von Extremisten in die Bundespolizei verhindern.

Pseudonyme Kennzeichnung von Vollzugsbeamten und Kontrollquittungen

Schon bisher mussten Verkehrsunternehmen, die im grenzüberschreitenden Verkehr tätig sind, die Bundespolizei bei ihrer Arbeit mit bestimmten Leistungen unterstützen. Diese Pflichten werden in dem Entwurf klarer gefasst und teilweise ausgeweitet.

Eingeführt wird eine pseudonyme Kennzeichnung der Polizeivollzugsbeamten und -beamtinnen der Bundespolizei. Das soll polizeiliches Handeln für alle Bürgerinnen und Bürger transparenter machen, so das BMI. Die Kennzeichnung soll den dazu befugten Stellen eine namentliche Zuordnung ermöglichen.

Um das Vertrauen in die Arbeit der Sicherheitsbehörden zu stärken, sollen Personen, die lageabhängig von der Bundespolizei befragt werden, sich künftig Kontrollquittungen ausstellen lassen können – mit Angaben etwa zu Ort, Zeit und Grund der Überprüfung.

Die Reform setzt laut Innenministerium auch höherrangiges Recht im Bereich des Datenschutzes um. So gebe das EU-Recht etwa vor, dass der Bundesdatenshutzbeauftragte zusätzliche Aufsichtsbefugnisse für besonders eingriffsintensive Maßnahmen erhält. Außerdem setze die Reform Vorgaben des BVerfG zur Sicherstellung elementarer rechtsstaatlicher Grundsätze um, etwa bei der Übertragung von Daten in andere Staaten.

Antidiskriminierungsbeauftragte: Entwurf schützt einseitig Polizei

Die unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, kritisierte den Reformentwurf als einseitig. "Menschen müssen sich auf die Polizei verlassen und ihr vertrauen können", sagte sie. Deshalb sei es wichtig, dass das Bundespolizeigesetz einen Diskriminierungsschutz für alle garantiere, für die Polizei und die Bürgerinnen und Bürger. "Der vorliegende Reformentwurf tut dies leider nicht. Er soll vor allem einseitig die Polizei schützen", sagte Ataman.

Insbesondere die Regelungen zu verdachtsunabhängigen Personenkontrollen seien verfassungsrechtlich problematisch, weil sie "Racial Profiling" eher begünstigten. Von "Racial Profiling" spricht man, wenn Menschen allein aufgrund ihres physischen Erscheinungsbildes oder ethnischer Merkmale von der Polizei kontrolliert werden. Eine solche Ungleichbehandlung verstößt gegen das verfassungsrechtlich verbriefte Diskriminierungsverbot.

Ataman kritisierte auch, dass das neue Gesetz es der Bundespolizei ermögliche, Bodycams ausschließlich nach eigenem Ermessen und zum eigenen Schutz einzusetzen. Ataman fordert, auch Bürgerinnen und Bürger sollten das Einschalten einer Bodycam verlangen können. Nur so könne das Vertrauen der Bürger in die Polizei gestärkt werden.

Redaktion beck-aktuell, ew, 20. Dezember 2023.