Die Deutsche Fußball Liga e.V. (DFL), die den Profibetrieb im Herren-Fußball der obersten beiden Ligen verantwortet, hatte das Bundeskartellamt selbst um eine kartellrechtliche Bewertung der Regelung gebeten. Es ging ihr insbesondere um die Frage, unter welchen Bedingungen sportbezogene Regeln mit Marktwirkung vom Kartellverbot ausgenommen sein können.
Die 50+1-Regel bestimmt, dass Kapitalanleger zwar die Mehrheit des Kapitals an den Kapitalgesellschaften stellen dürfen, in die die Profivereine den Betrieb ihrer Lizenzmannschaften ausgegliedert haben, dass aber die Vereine mindestens 50% der Stimmen plus eine Stimme in Versammlungen der Anteilseigner behalten müssen. Damit können Kapitalanteile und Stimmanteile auseinanderfallen.
Vor diesem Hintergrund überprüfte das Amt die Umsetzung der 50+1-Regel in der Lizenzierungspraxis der DFL und berücksichtigte aktuelle Urteile des EuGH ("Super League", "ISU", "Royal Antwerp"), die neue Maßstäbe an sportbezogene Regelwerke mit Marktwirkung gesetzt haben.
DFL setzt 50+1-Regel nicht einheitlich um
Im Grundsatz hält die Behörde die Regel für mit dem Kartellrecht vereinbar. Das Ziel der Vereinsprägung und Mitgliederpartizipation im Sport könne eine Ausnahme vom Kartellverbot rechtfertigen – allerdings nur bei konsequenter und einheitlicher Anwendung. Genau daran fehle es aber. Kartellamts-Präsident Andreas Mundt erklärte: "Die DFL muss unseres Erachtens für einheitliche Wettbewerbsbedingungen sorgen und die 50+1-Regel deshalb diskriminierungsfrei und konsequent anwenden."
Kritisch sieht die Behörde vor allem drei Punkte: Erstens müssten alle Vereine in der Bundesliga und der 2. Bundesliga in ihrer Lizenzierungspraxis offen für neue stimmberechtigte Mitglieder sein. Zweitens sei in den DFL-Gremien sicherzustellen, dass die 50+1-Grundsätze auch bei Abstimmungen beachtet werden. Drittens reiche der bisher vorgeschlagene Umgang mit den sogenannten Förderklubs wie Bayer Leverkusen und dem VfL Wolfsburg nicht aus.
Defizite bei Mitgliedszugang, Abstimmungen und Bestandsschutz
Die Ermittlungen hätten gezeigt, dass einige Vereine keinen offenen Zugang zur Mitgliedschaft bieten. Damit sei das Ziel der Vereinsprägung gefährdet, das eine Ausnahme vom Kartellrecht rechtfertigen kann. Außerdem habe die DFL im Dezember 2023 bei einer Abstimmung über eine Investorenbeteiligung keine Maßnahmen ergriffen, obwohl ihr bekannt war, dass Hannover 96-Geschäftsführer Martin Kind als Vertreter der Kapitalseite möglicherweise gegen eine Weisung des Muttervereins stimmte – obwohl die DFL dieses Weisungsrecht zuvor selbst als entscheidend für die Einhaltung der 50+1-Regel bewertet hatte.
Auch die geplante Abschaffung der sogenannten Förderausnahme sieht das Amt grundsätzlich positiv. Mit dieser Regel konnten Klubs wie Leverkusen oder Wolfsburg bisher von der 50+1-Regel abweichen, weil die Sponsoren Bayer bzw. VW die Clubs über mindestens 20 Jahre maßgeblich gefördert hatten. Die DFL will diese Ausnahmen streichen. Aus Sicht des Kartellamts ist das ein Schritt in die richtige Richtung – aber nur, wenn kein dauerhafter Bestandsschutz gewährt wird. Alle Klubs müssten langfristig gleiche Bedingungen haben. Der Mutterverein müsse in jedem Fall die Kontrolle behalten – und offen für neue Mitglieder sein.
Umsetzung liegt bei der DFL
Das Kartellamt hat die Empfehlungen in einer vorläufigen Stellungnahme übermittelt. Die beteiligten Vereine und Investoren können nun dazu Stellung nehmen. Danach will das Amt die Hinweise finalisieren und das Verfahren abschließen.
"Wir führen kein Verfahren gegen die DFL", sagte Andreas Mundt. "Die DFL ist mit dem Anliegen an uns herangetreten, eine fundierte Einschätzung dieser schwierigen sportkartellrechtlichen Fragestellung zu erhalten." Die Umsetzung liege nun bei der Liga. "Die Einzelheiten der Umsetzung liegen im Ermessen der DFL und ihrer Gremien. Den dafür nötigen Meinungsbildungsprozessen können und wollen wir nicht vorgreifen."
Ein längerer Übergangszeitraum für strukturelle Änderungen sei aus Sicht des Amtes denkbar – zum Beispiel, um wirtschaftliche oder sportliche Folgen für die Vereine abzufedern.