Am Freitag hat der BGH zur Frage verhandelt, ob ein Grundstückseigentümer aus Hessen Anspruch darauf hat, dass seine Nachbarin ihre mehrere Meter hohe Hecke an der Grundstücksgrenze zurückschneiden muss. Dabei ging es in Karlsruhe um die grundlegende Frage, ob das besagte Gewächs eigentlich eine Hecke im rechtlichen Sinne ist. Sein Urteil will der Fünfte Zivilsenat am 28. März verkünden (Az. V ZR 185/23).
Der Mann verlangt von seiner Nachbarin, dass sie ihre Bambushecke auf drei Meter zurückschneidet und dafür sorgt, dass sie nicht wieder über diese Höhe hinauswächst. Das OLG Frankfurt hatte die Klage abgewiesen, da es die Voraussetzungen für den geltend gemachten Rückschnitts- und Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1, Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 38 Abs. 1, 39 Abs. 1 Nr. 1 des hessischen Nachbarrechtsgesetzes (NachbG HE) nicht gegeben sah.
Was ist eine Hecke?
Hecken werden im hessischen Nachbarrecht privilegiert. Für Bäume und Sträucher gelten dagegen höhere Abstandsvorschriften. In der Verhandlung in Karlsruhe ging es daher auch um die Frage: Was ist überhaupt eine Hecke? Und ist der betroffene Bambus eine? Nach Ansicht des OLG handelt es sich bei der Grenzbepflanzung trotz ihrer Höhe um eine Hecke. Der Begriff der Hecke werde nämlich nicht durch die Höhe des Gewächses bestimmt, fanden die Frankfurter Richterinnen und Richter - anders, als es sonst bislang in der Rechtsprechung gesehen wurde. Demgemäß gelte der im hessischen Nachbarrecht für Hecken vorgeschriebene Grenzabstand von 0,75 Metern, der hier eingehalten sei. Ein Rückschnitts- und Unterlassungsanspruch ergebe sich auch nicht aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis, da keine ungewöhnlich schwere und nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigung vorliege.
Die Anwälte der Parteien hatten zu dem Thema unterschiedliche Auffassungen, die sie vor dem BGH vortrugen. Die Klägerseite argumentierte, eine Hecke sei dadurch gekennzeichnet, dass sie gepflegt und regelmäßig geschnitten werde. Wenn sie eine gewisse Höhe überschreite, könne sie daher nicht mehr als Hecke gelten. Die Gegenseite hielt hingegen nicht die Höhe der Hecke für entscheidend, sondern betonte etwa die vielen Vorteile, die sie biete. Sie sei ein "lebendiges Element der Gartenbaukunst" und biete zudem ökologischen Wert.
Der BGH will in dem Verfahren außerdem klären, ab welcher Stelle die Höhe der Hecke zu messen wäre, falls sie zurückgeschnitten werden müsste. Denn die Grundstück liegen nicht auf gleichen Höhe, das der Nachbarin liegt tiefer. Ihr Kontrahent möchte daher, dass seine Grundstückshöhe der Maßstab ist.
Nicht der erste Nachbarstreit
Es ist längst nicht das erste Mal, dass ein Streit zwischen Nachbarinnen und Nachbarn um die Gartenbepflanzung vor dem BGH landet. Im Sommer 2021 ging es dort etwa um eine 40 Jahre alte Schwarzkiefer in Berlin, deren breite Krone zwei Jahrzehnte lang in den Garten des Nachbars ragte. Ein anderes Mal ging es um vier Zypressen, die dicht an der Grenze eines Grundstücks in Baden-Württemberg standen. Ein Nachbar verlangte vor Gericht, dass sie gefällt oder wenigstens auf eine Höhe von maximal 3,50 Metern zurückgeschnitten werden.
Schon etwas weiter zurück liegt die Entscheidung des Gerichts zu der Klage eines älteren Ehepaars, denen im eigenen Garten Licht und Sonne fehlte. Die Eheleute wollten die Stadt Bielefeld zwingen, 25 Meter hohe, gesunde Eschen zu fällen. Doch beim BGH hatten sie damit keinen Erfolg. Sogenannte negative Emissionen - wie der Entzug von Licht und Luft durch Bauten oder Bäume - müssten geduldet werden, wenn sie nicht unerträglich seien, erklärte der Senat 2015 und bekräftigte damit seine ständige Rechtsprechung zu dem Thema.
Auch über die Grundstücksbepflanzung hinaus hat das Karlsruher Gericht schon den einen oder anderen Nachbarstreit geregelt. Vor gut zehn Jahren landete die Klage eines Ehepaars in Karlsruhe, das den Zigarettenqualm seiner Nachbarn aus der unteren Etage nicht ertragen wollte. Sie bekamen Recht. Raucherinnen und Raucher könnten dazu verpflichtet werden, nur zu bestimmten Zeiten auf ihrem Balkon zur Zigarette zu greifen, so der BGH damals. Und 2020 gab es Streit um einen Pferdestall. Der BGH entschied, die klagenden Nachbarn müssten sich lautes Wiehern und Schläge gegen die Boxenwände nicht gefallen lassen. Der Senat untersagte es der verklagten Inhaberin des Hofes, in dem Stall weiter Pferde unterzubringen.