Der BGH hat mit Urteil vom Mittwoch klargestellt, dass Inkassokosten auch dann als ersatzfähiger Verzugsschaden geltend gemacht werden können, wenn ein Unternehmen ein konzernverbundenes Inkassounternehmen beauftragt hat. Hierbei komme es nur darauf an, ob nach der Vereinbarung zwischen den Unternehmen eine Vergütung geschuldet sei, so der Karlsruher Senat (Urteil vom 19.02.2025 – VIII ZR 138/23).
Bei dem Rechtsstreit handelte es sich um ein Musterfeststellungsverfahren. Die Klage, der sich mehr als 700 Verbraucherinnen und Verbraucher angeschlossen hatten, richtete sich gegen die EOS Investment GmbH, eine Tochter des Otto-Konzerns. Das Unternehmen erwirbt Forderungen und beauftragt dann eine Schwestergesellschaft, die EOS Deutscher Inkasso-Dienst GmbH, mit deren Einziehung. Die Rahmenvereinbarung zwischen den beiden Gesellschaften sieht vor, dass die Inkassokosten als Verzugsschaden bei den Schuldnerinnen und Schuldnern geltend gemacht werden sollen. Die Inkassovergütung für die EOS Inkasso-Dienst GmbH wird dazu bis zur erfolgreichen Einziehung gestundet. Kann sie die Forderung eintreiben, ist die Vergütung damit geleistet, anderenfalls tritt die EOS Investment GmbH ihren entsprechenden Schadensersatzanspruch gegenüber dem Schuldner bzw. der Schuldnerin an das Schwesterunternehmen an Erfüllungs statt ab. Ein Risiko, die Inkassokosten selbst tragen zu müssen, hat die EOS Investment GmbH damit faktisch nicht.
BGH formalistisch: Schuld bleibt Schuld
Gegen diese Praxis klagte der Bundesverband der Verbraucherzentralen und hatte vor dem OLG Hamburg noch Erfolg: Das Gericht entschied, dass die Inkassokosten nicht erstattungsfähig seien, da der Gläubiger im Innenverhältnis nicht zur Zahlung verpflichtet sei. Es handele sich um einen rein fiktiven Schaden, den Verbraucherinnen und Verbraucher nicht erstatten müssten. Rechtsverfolgungskosten seien zwar grundsätzlich ersatzfähig, jedoch nur dann, wenn der Geschädigte im Innenverhältnis zu dem für ihn tätigen Rechtsdienstleister zur Zahlung der Inkassovergütung verpflichtet sei. Das sei hier nicht der Fall, denn nach der Abrede zwischen den beiden Unternehmen sei es letztlich ausgeschlossen, dass die EOS Investment GmbH wirklich eine Inkassovergütung zahlen müsse. Damit fehle es an einer Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese.
Der BGH hob diese Entscheidung nun auf und stellte klar, dass die Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten nicht von der internen Vergütungsabrede abhänge. Dazu stellte sich der Senat auf einen formalistischen Standpunkt: Der Umstand, dass die Otto-Tochter einem Vergütungsanspruch ihrer Inkassodienstleisterin ausgesetzt sei, begründe bereits für sich einen Schaden. Welche Vergütungsmodalitäten verabredet sind und ob diese dazu führen, dass eine direkte Zahlung zwischen den Unternehmen ausgeschlossen ist, bleibt für den BGH unerheblich. Ob eine Schuld durch Abtretung oder sonst wie beglichen werde, spiele keine Rolle. Es bleibe dabei, dass das Unternehmen der Inkassodienstleisterin eine Vergütung schulde.
Keine Umgehung von RVG-Schutzvorschrift
Der BGH betonte, dass die Beauftragung eines Inkassounternehmens, auch eines konzernverbundenen, in der Regel auch als erforderlich und zweckmäßig anzusehen sei, wenn Kundinnen und Kunden in Zahlungsverzug seien. Die Organisation des Forderungseinzugs innerhalb eines Konzerns ändere daran nichts, solange keine Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorlägen.
Schließlich erkannte der Senat auch keine Umgehung der Schuldnerschutzvorschrift des § 13e Abs. 1 RDG, wonach Inkassokosten nur bis zur Höhe der entsprechenden Vergütung nach dem RVG zulässig sind. Diese sei zwar bei einem Konzerninkasso nicht unmittelbar anwendbar, ihr Zweck des Schutzes vor überhöhten Kosten lasse sich aber ohne weiteres auf diesen Fall übertragen. Hier hielt sich die vereinbarte Vergütung jedoch ohnehin in den Grenzen des RVG.