Es ist wieder einmal die 67. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Berlin, die einen Rüffel aus Karlsruhe kassiert. Das dürfte nicht nur an der weiterhin sehr angespannten Wohnsituation in der Hauptstadt liegen. Vielmehr liegt die 67. Zivilkammer in mittlerweile jahrelanger Tradition über Kreuz mit dem für das Mietrecht zuständigen VIII. Zivilsenat beim BGH, der sich in den allermeisten Fällen als weit mieterfreundlicher erweist als die Berliner Kolleginnen und Kollegen.
So auch in diesem Fall, in dem der Mieter einer Drei-Zimmer-Wohnung in Berlin von seinem Vermieter die Zustimmung zur Untervermietung zweier Zimmer verlangt. Er hatte die Wohnung seit 2014 bewohnt, zog dann aber mit seiner inzwischen gewachsenen Familie an den Stadtrand.
Seine Berliner Wohnung behielt der Mieter bei und trug vor, von dort aus seine Arbeitsstätte in zehn Gehminuten erreichen zu können. Als Geschäftsführer einer Spedition für die Geschäfte in Asien müsse er oft auch nachts arbeiten und übernachte dann auch in Berlin. Daher behalte er ein Zimmer der Wohnung für sich und vermietete die anderen beiden Zimmer unter. Der Vermieter willigte in die Untervermietung nur für ein Jahr ein und verweigerte eine Verlängerung. Das Amtsgericht Mitte verurteilte ihn zur Zustimmung, aber die 67. Kammer des LG Berlin hob das Urteil wieder auf und verneinte das berechtigte Interesse des Geschäftsführers an der Untervermietung. Der BGH aber gab nun seiner Revision statt und verwies die Sache erneut zurück ans LG.
Ob Nebenwohnsitz oder bloß weniger Miete: Im Zweifel für die Untervermietung
Das LG Berlin, so der BGH (Urteil vom 27.09.2023 – VIII ZR 88/22), sei rechtsfehlerhaft von einem zu engen Verständnis des Begriffs des berechtigten Interesses des Mieters im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgegangen. Ein solches Interesse sei schon immer dann anzunehmen, wenn vernünftige Gründe zur Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte bestehen, es sei denn, dieses Interesse stehe nicht im Einklang mit der geltenden Rechtsordnung. Die Kostenentlastung dadurch, dass ein Untervermieter faktisch einen Teil des Mietzinses übernimmt, ist für den VIII. Zivilsenat ein klassischer Fall des berechtigten Interesses.
Auch ob die Wohnung Hauptwohnsitz oder nur eine Nebenwohnung ist, erklären die Karlsruher Richterinnen und Richter ausdrücklich für irrelevant. Wesentlich sei allein, dass der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgibt. Mit diesem Argument hatte der Senat erst vor kurzem sogar die Untervermietung einer Einzimmerwohnung für zulässig erklärt (BGH, Urteil vom 13.09.2023 - VIII ZR 109/229). Ob die Wohnung nach der Untervermietung noch den Lebensmittelpunkt des Mieters bildet, spiele ebenfalls keine Rolle. Schließlich sei er vertraglich nicht verpflichtet, seinen Hauptwohnsitz dort zu nehmen, sondern frei, die Wohnung nach seinen eigenen Vorstellungen zu nutzen, stellt der BGH erneut deutlich klar.
Auch die Idee der 67. Kammer des LG Berlins, der Gesetzgeber habe nur den Bestand eines einzigen Mietverhältnisses schützen wollen und nicht die Mieter mehrerer Objekte, verwirft der BGH eher unsanft. Zweck von § 553 Abs. 1 BGB sei es, dem Mieter die Wohnung, an der er festhalten will, zu erhalten. Der Gesetzgeber habe die Formulierung in der Vorgängernorm § 549 Abs. 2 BGB von "dringendem Interesse" zu "berechtigtem Interesse" geändert und damit den Anwendungsbereich zu Gunsten des Mieters erweitert. Dem Senat zufolge "gehen daher die berechtigten Interessen des Mieters den Interessen des Vermieters grundsätzlich vor. Sie haben nur dann zurückzustehen, wenn die beabsichtigte Gebrauchsüberlassung für den Vermieter unzumutbar wäre", wiederholt der Senat gebetsmühlenartig seine eigene, jahrzehntealte Rechtsprechung schon zur Vorgängernorm (§ 549 Abs. 2 BGB a.F.). Der Zweck des § 553 Abs. 1 BGB liegt laut den Karlsruher Richterinnen und Richtern darin, auch in heutigen Zeiten der Mobilität und Flexibilität dem Mieter seine Wohnung zu erhalten, wenn er etwa aus beruflichen Gründen einen doppelten Haushalt führen muss.
Ob die vom klagenden Mieter vorgetragene Nutzung aus beruflichen Gründen zwingend ist oder nur einen "bloßen Komfortzuwachs" bilde, erklärt der BGH ausdrücklich für unerheblich. Der Mieter müsse deshalb entgegen der Ansicht des LG – ebenso wenig wie seine finanziellen Verhältnisse – auch nicht darlegen, dass er nicht auch in der Spedition übernachten könne.
Den angespannten Berliner Wohnungsmarkt, den die 67. Kammer als Argument für ihre wenig untermietfreundliche Rechtsauffassung anführte, lässt der BGH in diesem Kontext ebenfalls nicht gelten: Die Untermiete sei gesetzlich anerkannt und dass der Untermieter weniger Schutz genieße als ein regulärer Mieter, gesetzgeberisch gewollt. Unerwünschte Konsequenzen seien rechtspolitischer Natur, nicht aber dem klagenden Mieter entgegenzuhalten.