Ein mittelständischer Baustoffhändler hatte auf der Grundlage von zwölf Leasing- und Mietkaufverträgen von 2005 bis 2012 mittelschwere und schwere LKW genutzt, die von Daimler und anderen Herstellern stammten. Im Juli 2016 hatte die EU-Kommission festgestellt, dass Daimler und mindestens die vier weiteren Hersteller MAN, Volvo/Renault, Iveco und DAF von 1997 bis 2011 unter anderem Preise, Preiserhöhungen und den Zeitplan für die Einführung von Emissionstechnologien für diese Fahrzeugart abgesprochen hatten. Daimler musste damals ein Bußgeld von gut einer Milliarde Euro entrichten.
Das Bauunternehmen klagte nun wegen der Kartellabsprachen auf Schadensersatz in Höhe von gut 50.000 Euro. Das LG Magdeburg (Urteil vom 08. 01.2020 - 7 O 302/18) hatte die Klage abgewiesen, das OLG Naumburg hatte dagegen (Urteil vom 30.07.2021 - 7 Kart 2/20) einen Schadensersatz aus elf der zwölf Leasing- und Mietkaufverträge dem Grunde nach bejaht (der zwölfte war nach Kartellende abgeschlossen worden).
Bei Kartellabsprachen Schaden wahrscheinlich
Der BGH-Senat hat wie die Vorinstanz die Feststellungen im Kommissionsbeschluss für bindend erachtet. Die Kartellteilnahme der Daimler AG sei damit festgestellt. Wie die Karlsruher Richterinnen und Richter nun festhielten, begründet dieses kartellwidrige Verhalten mit der für ein Grundurteil erforderlichen Wahrscheinlichkeit einen Schaden für den Bauunternehmer. Denn zugunsten der Abnehmer der Fahrzeuge streite der Erfahrungssatz, dass die im Rahmen des Kartells erzielten Preise im Schnitt über denjenigen liegen, die sich ohne die wettbewerbsbeschränkende Absprache gebildet hätten.
Daraus folgerte der BGH, dass auch die von einem Leasingnehmer oder Mietkäufer an eine Finanzierungsgesellschaft zu entrichtenden Entgelte kartellbedingt überhöht sind, wenn die Leasing- oder Mietkaufverträge - wie es hier der Fall war - den Anschaffungspreis vollständig decken sollen. Diesem Erfahrungssatz komme angesichts der Schwere und der Dauer des Kartellverstoßes sowie der Marktabdeckung der Kartellbeteiligten im Europäischen Wirtschaftsraum von mehr als 90% ein erhebliches Gewicht in der Gesamtabwägung zu.
Daimler habe auch nicht erfolgreich darlegen können, dass das Kartell nicht zu höheren Preisen geführt hat. Dass das Unternehmen die mit einem Kartell verbundenen erheblichen Risiken ohne eine lohnenswerte Kartellrendite eingegangen sein will, sei nicht nachvollziehbar. Vergleichsmarktbetrachtungen der Kartellanten, wonach nur ein insignifikanter Kartelleffekt eingetreten sein soll, stünden für sich allein der Annahme nicht entgegen, dass jedenfalls ein Schaden in irgendeiner Höhe entstanden ist. Genaueres muss nun das Landgericht im Betragsverfahren herausfinden.