5 Lkw-Hersteller trafen Preisabsprachen
Der Autobauer hatte mit vier weiteren marktrelevanten Lkw-Herstellern ein Kartell gebildet und zwischen 1997 und 2011 Preisabsprachen über ihre Lastkraftwagen getroffen. Er war deshalb 2016 von der EU-Kommission mit einem Bußgeld in Höhe von einer Milliarde Euro belegt worden. Die Klägerin - Muttergesellschaft zweier Unternehmen aus dem Bausektor - machte einen (abgetretenen) Schadensersatzanspruch von rund 160.000 Euro für elf Fahrzeuge geltend, die ihre Tochtergesellschaften während des Zeitraums von der Daimler AG gekauft hatten. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht Stuttgart gaben der Klage überwiegend statt. Der Fahrzeughersteller wandte sich daher an den Bundesgerichtshof - mit teilweisem Erfolg.
BGH: Bindung des nationalen Gerichts an den Bußgeldbescheid
Die Feststellungen der Kommission zum Verstoß gegen das Kartellverbot nach Art. 101 AEUV sind dem BGH zufolge nach § 33 Abs. 4 GWB 2005 bindend. Dabei sei es unerheblich, ob die Wettbewerbsverletzung durch ein reguläres Bußgeldverfahren oder durch Vergleichsverhandlungen festgestellt worden ist. Sie können laut dem Urteil des BGH vom 23.09.2020 durch die Lkw-Herstellerin nicht widerlegt werden.
Kartellabsprachen verursachen höhere Preise
Sind von einem Kartell mit hoher Marktabdeckung über einen längeren Zeitraum Preise abgestimmt worden, ist laut BGH anzunehmen, dass diese in der Regel höher liegen als ohne wettbewerbsbeschränkendes Kartell - auch dann, wenn nur die Listenpreise und nicht die Transaktionspreise vereinbart worden sind. Eine Schadenskausalität nach § 33 Satz 1 GWB 1999, § 33 Abs. 3, Abs. 1 GWB 2005 und § 823 Abs. 2 BGB sei damit anzunehmen.
Gewichtung von Indizien bei der Schadenskausalität
Bei der Frage, ob den Lkw-Käuferinnen dadurch ein Schaden entstanden ist, seien die Feststellungen im Bußgeldbescheid aus Brüssel umfassend und erschöpfend zu berücksichtigen. Der Erfahrungssatz, dass das kollusive Verhalten der Kartellbeteiligten einen Schaden verursacht hat, sei aber nur ein Indiz, das von der Daimler AG durchaus erschüttert werden könne. Das Oberlandesgericht sei seiner Wortwahl nach hingegen davon ausgegangen, dass die Autoproduzentin nur dann Erfolg haben könne, wenn sie den deutlichen Gegenbeweis erbringe. Das Urteil habe damit einen bloßen Erfahrungssatz zum Anscheinsbeweis erhoben. Die Karlsruher Richter hoben es deshalb auf und verwiesen die Sache zur erneuten Verhandlung an das OLG zurück.