Martin Kind ist nicht mehr Geschäftsführer des Fußball-Zweitligisten Hannover 96. Der BGH erklärte am Dienstag in Karlsruhe, dass seine Absetzung durch die Führung des Muttervereins Hannover 96 e.V. vor zwei Jahren rechtens war.
Kind ist Geschäftsführer der Hannover Management GmbH, deren Alleingesellschafter der eingetragene Verein Hannover 96 ist. Die GmbH ist zudem persönlich haftende Gesellschafterin der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA, in der die Profimannschaft des Vereins geführt wird. Kommanditaktionärin ist die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG. Nach der Satzung der GmbH ist deren Aufsichtsrat für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer zuständig.
In einem sogenannten Hannover-96-Vertrag zwischen Verein, KGaA und GmbH & Co. KG ist festgehalten, dass der e.V. die gmbH-Satzung nicht ohne vorherige Zustimmung der GmbH & Co. KG ändern, ergänzen oder ersetzen kann. Im Juli 2022 fassten Vertreter des e.V. dennoch in einer Gesellschafterversammlung der GmbH den Beschluss, den Kläger "mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund im Wege eines satzungsdurchbrechenden Beschlusses als Geschäftsführer" der GmbH abzuberufen.
Als letzte Instanz wies der BGH Kinds Klage gegen diese Abberufung zurück. Vor dem LG Hannover (Urteil vom 11.10.2022 - 32 O 119/22) und dem OLG Celle (Beschluss vom 04.04.2023 - 9 U 102/22) hatte sich der 80 Jahre alte Hörakustik-Unternehmer noch erfolgreich gegen das Aus wehren können. Deren Entscheidungen hob das höchste deutsche Zivilgericht am Dienstag aber auf (Urteil vom 16.07.2024 - II ZR 71/23).
Kein Verstoß gegen tragende Strukturprinzipien des GmbH-Rechts
Der Abberufungsbeschluss des eingetragenen Vereins sei nicht entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig, so der BGH. Dafür bräuchte es nach Ansicht der Richterinnen und Richter die Verletzung tragender Strukturprinzipien des GmbH-Rechts. Eine Satzungsbestimmung, die wie hier dem fakultativen Aufsichtsrat der Gesellschaft die Kompetenz zur Abberufung des Geschäftsführers zuweise, gehöre nicht dazu.
Zwar könne es sein, so der BGH weiter, dass die Abberufung gegen den zwischen Verein und Investorenseite geschlossenen Hannover-96-Vertrag verstoße, jedoch zähle die Beachtung dieses Vertrags nicht zu den tragenden Strukturprinzipien des GmbH-Rechts. Der Streit um die Folgen einer Vertragsverletzung sei zwischen den Vertragsparteien auszutragen.
Der Abberufungsbeschluss sei auch nicht entsprechend § 241 Nr. 4 AktG nichtig. Weder verstoße er durch seinen Inhalt gegen die guten Sitten noch begründe er eine sittenwidrige Schädigung nicht anfechtungsberechtigter Personen. Der bloße Verstoß gegen eine Satzungsbestimmung mache einen Gesellschafterbeschluss anfechtbar, aber nicht sittenwidrig. Ebenso wenig ergebe sich aus einer Verletzung des Hannover-96-Vertrags oder einer Gesamtbetrachtung die Sittenwidrigkeit des Beschlusses.
Folgen für die DFL
Das Urteil hat auch Folgen für die Deutsche Fußball Liga (DFL). Denn mit Kind ist ein entschiedener Gegner der 50+1-Regel im deutschen Profifußball nicht mehr in einer verantwortlichen Position. Als Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter des ausgegliederten Profifußball-Bereichs von Hannover 96 hatte er zunächst vergeblich versucht, eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten. Seitdem befürchteten viele Unterstützer der Regel, Kind könne diese nur in Deutschland geltende Beschränkung des Einflusses externer Investoren auf Bundesligavereine vor ein ordentliches Gericht ziehen.
Alle mit dem Fall beschäftigen Gerichte stellten jedoch klar, dass es in diesem Verfahren nicht um die Wirksamkeit der 50+1-Regel ging, sondern nur um den jahrelangen Streit zwischen der Kapital- und der Vereinsseite bei Hannover 96.
Dort wurde Kind 1997 zunächst zum Präsidenten gewählt. 1999 gliederte er den Profifußballbereich aus. Mit einer kurzen Unterbrechung von 2005 bis 2006 war Kind bis zu diesem Jahr stets Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter dieses Bereichs. Der Mutterverein Hannover 96 e.V. wird aber seit 2019 von Kind-Gegnern geführt.