Alle kennen sie, alle haben sie vermutlich schon einmal - bewusst oder unbewusst - genutzt: die allgegenwärtigen Sternebewertungen im Internet. Sie sollen Nutzerinnen und Nutzern einen Eindruck verschaffen, welches Restaurant sich für einen Besuch empfiehlt, welches Produkt in einem Online-Shop etwas taugt oder, wie im hiesigen Fall, welches Portal sich bei der Makler-Suche für einen Hausverkauf eignet.
Weil die Bewertungen mittlerweile für viele zumindest mitentscheidend bei der Auswahl der Vielzahl an Waren und Dienstleistungen im Internet sind, gewinnt natürlich auch die Transparenz eine immer größere Bedeutung. Wie viele Menschen haben überhaupt abgestimmt, sind es verifizierte Käuferinnen und Käufer? Aber auch die Frage, wie sich die oft nur angegebene Durchschnittszahl von einem bis fünf Sternen errechnet, ist relevant. Über letzteres hatte am Donnerstag der BGH zu entscheiden, der in seinem Urteil festhielt, dass Betreiber einer Website, die mit einer Durchschnitts-Sternebewertung wirbt, nicht angeben müssen, wie sich diese zusammensetzt (Urteil vom 25.07.2024 - I ZR 143/23).
Wie transparent muss eine durchschnittliche Sternebewertung sein?
In Karlsruhe trafen sich die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und ein Unternehmen, das auf seinem Online-Portal Menschen, die eine Immobilie verkaufen möchten, an entsprechende Maklerinnen und Makler vermittelt. Auf der Website warb es mit einer durchschnittlichen Bewertung von 4,7 von 5 möglichen Sternen, gab dabei jedoch kaum Informationen über die Zusammensetzung dieser Bewertung an. Die Wettbewerbszentrale sah darin eine unlautere Werbung, weil das Portal Verbraucherinnen und Verbrauchern wesentliche Informationen vorenthalte (§ 5a Abs. 1 UWG). Außerdem wandte sich die Zentrale auch gegen die Werbeaussage "Bekannt aus: Die Welt, ONLINE FOCUS, Frankfurter Allgemeine, N24, Der Tagesspiegel", da auf der Seite keine Quellen für diese Aussage ersichtlich waren.
Nachdem das LG das Unternehmen verpflichtet hatte, künftig die Gesamtzahl und den Zeitraum der berücksichtigten Kundenbewertungen transparent zu machen, forderte die Wettbewerbszentrale in der Berufung - neben der Quellenangabe für die Zitierung in diversen Medien - weiterhin eine Pflicht zur genauen Aufschlüsselung der Bewertung nach Anzahl der Ein- bis Fünf-Sterne-Bewertungen. Der Gedanke dahinter: Die Information könnte für Nutzerinnen und Nutzer relevant sein, weil besonders hohe oder besonders niedrige Bewertungen eine in der Masse eher durchschnittliche Bewertung verzerren können. Vor dem OLG Hamburg erreichte die Wettbewerbszentrale jedoch nur, dass das Portal künftig auch Fundstellen zu den jeweiligen Medien angeben muss. Weil sie an einer Aufschlüsselung der Sternebewertungen festhielt, zog sie schließlich in der Revision vor den BGH.
BGH: Nutzer können einschätzen, wie repräsentativ Durchschnittsbewertungen sind
Dieser bestätigte nun jedoch die Ansicht der Vorinstanzen: Die jeweilige Anzahl der auf die unterschiedlichen Sterneklassen entfallenen Bewertungen sei keine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 1 UWG. Den meisten Verbraucherinnen und Verbrauchern sei klar, dass einer durchschnittlichen Sternebewertung in aller Regel unterschiedlich gute und schlechte Bewertungen zugrunde lägen und diese mitunter erheblich auseinandergingen, so der I. Zivilsenat. Es sei anhand der Gesamtzahl und des Zeitraums der berücksichtigten Bewertungen - welche das beklagte Portal ja inzwischen angeben muss - gut abzuschätzen, wie aussagekräftig die Durchschnittsbewertung sei. Ohnehin, meinten die Karlsruher Richterinnen und Richter, sage eine solche Aufschlüsselung noch nichts darüber aus, warum Kundinnen und Kunden im konkreten Fall eine solche Bewertung abgegeben hätten.
"Der BGH geht zurecht davon aus, dass die Vorenthaltung dieser Information keinen Verstoß begründen kann" erklärt Thorsten Hemme, Rechtsanwalt und Experte für Digital Business bei der Kanzlei CMS, gegenüber beck-aktuell. "Verbraucherinnen und Verbraucher wissen was eine Durchschnittsbewertung ist und dass bei den einzelnen Bewertungen erhebliche Abweichungen nach oben oder unten möglich – aber eben auch nicht zwingend – sind." Die Entscheidung sei daher aus seiner Sicht ausgewogen und gut nachvollziehbar.
Der Mehrwert der von der Wettbewerbszentrale verlangten Aufschlüsselung hätte lediglich darin bestanden, zu wissen, ob die Bewertungen durchgängig mittelmäßig oder sehr sprunghaft gewesen seien, so Hemme. Die Anforderungen, die man an die Werbung mit Sternebewertungen stelle, dürften auch nicht überreizt werden, da es grundsätzlich begrüßenswert und auch von der Rechtsordnung gewünscht sei, Verbraucherinnen und Verbrauchern eine solche Orientierung an die Hand zu geben.