Es ist eine Entscheidung, die nicht nur die Fachleute für Urheberrecht mit Spannung erwartet hatten. Über die juristische Szene hinaus hatte vor allem ein Urteil des LG Köln für Irritationen gesorgt. Die Kölner Kammer hatte der Vermieterin einer Ferienwohnung untersagt, das Schlafzimmer der Wohnung im Internet zu zeigen, weil dieses mit einer Fototapete dekoriert war.
Auch wenn das LG und das OLG Düsseldorf in gleich drei Verfahren anders entschieden, war die Geschichte in der Welt und kursierte durchs Netz. Nun hat sie es bis zum BGH geschafft und findet dort hoffentlich ihr Ende. Klägerin ist in allen drei Verfahren, über die der BGH am Mittwoch entschied, ein von einem Berufsfotografen gegründetes Unternehmen mit Sitz in Richmond, Kanada. Es vermarktet Fototapeten, die Bilder des Fotografen zeigen, der auch CEO des Unternehmens ist.
Beklagte waren eine Frau, die in Videos bei Facebook auch eine Wand in ihrem Haus zeigte, die mit einer Fototapete tapeziert ist, sowie eine Web- und Medienagentur, die auf ihrer Webseite mit dem Foto des Webauftritts eines Tenniscenters warb, den sie gestaltet hatte und in dessen abgebildetem Gastraum eine Fototapete hing. Die dritte Beklagte ist eine Hotelière, die eines der Hotelzimmer auf ihrer Webseite abbildete, das ebenfalls mit einer Fototapete dekoriert war. In allen drei Fällen stammten die Bilder auf den Fototapeten von dem Fotografen, der hinter dem klagenden Unternehmen steht. Das Unternehmen verlangte aus den ihm eingeräumten Nutzungsrechten durch drei Instanzen Schadensersatz, Erstattung von Abmahnkosten und Auskunftserteilung von den Beklagten. Vor dem unter anderem für das Urheberrecht zuständigen I. Zivilsenat waren nun alle drei Revisionen erfolglos.
BGH: Übliche Nutzung, mit der Fotografen rechnen müssen
Die Nutzung von Abbildungen einer Fototapete im Internet verletze die nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechte an den auf der Tapete abgedruckten Fotografien nicht, entschied der Senat (Urteile vom 11.09.2024 - I ZR 139/23; I ZR 140/23; I ZR 141/23).
Während das LG Köln noch auf die BGH-Leitentscheidung Möbelkatalog rekurriert hatte und in der Tapete auch kein unwesentliches Beiwerk im Sinne von § 57 UrhG sehen wollte, argumentiert der BGH nun im Wesentlichen wie zuvor schon das OLG Düsseldorf. Die auf § 97 Abs. 1 und 2 UrhG, § 97a Abs. 3 UrhG sowie § 242 BGB gestützten Ansprüche seien unbegründet, weil der Eingriff in das Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Fotografen, den alle drei Beklagten vorgenommen hätten, durch eine konkludente Einwilligung des Urhebers gerechtfertigt gewesen sei.
Der Senat stellt für die Annahme dieser Einwilligung darauf ab, ob es nach dem objektiven Erklärungsinhalt aus der Sicht des Erklärungsempfängers um nach den Umständen übliche Nutzungshandlungen geht, mit denen der Berechtigte rechnen muss, wenn er sein Werk Nutzern ohne Einschränkungen frei zugänglich macht. Fotos und Videoaufnahmen in Räumen zu machen, die mit Fototapeten dekoriert sind und diese – ob nun privat oder gewerblich – im Internet einzustellen, das sei üblich und auch für den Urheber vorhersehbar, so der Senat in aller Lebensnähe. Schließlich könnte ein Urheber, der so etwas vermeiden wolle, beim Verkauf vertragliche Nutzungseinschränkungen vereinbaren und auf diese explizit hinweisen.
Auch die Web- und Medienagentur, die die Fototapete, die auf ihrer Webseite abgebildet war, nicht selbst gekauft hatte, kann sich laut dem BGH auf eine wirksame konkludente Einwilligung berufen. Auch Dritte können sich demnach darauf stützen, wenn ihre Nutzungshandlungen aus objektiver Sicht als üblich anzusehen sind und sie – wie im Fall einer ohne vertragliche Einschränkungen verkauften Fototapete - davon ausgehen können, dass der berechtigte Fotograf den Eingriff in seinen Rechtskreis gestattet.