Förderung kulturell bedeutender Werke durch eine Verwertungsgesellschaft: Unionsrechtlich zulässig?

In Deutschland ist gesetzlich festgeschrieben, dass Verwertungsgesellschaften mit ihren Einnahmen kulturell bedeutende Werke und Leistungen fördern sollen. Ob das mit Unionsrecht vereinbar ist und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen, fragt der BGH den EuGH.

Die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) nimmt als einzige Verwertungsgesellschaft in Deutschland die ihr vertraglich anvertrauten urheberrechtlichen Befugnisse von Wortautoren und deren Verlegern wahr. Die daraus generierten Einnahmen werden überwiegend wieder an die Autoren und Verlage ausgeschüttet, ein Teil geht aber auch an den Förderungsfonds Wissenschaft, der beispielsweise Druckkostenzuschüsse für das Erscheinen wissenschaftlicher Werke und Zuschüsse für Forschungen, aus denen wissenschaftliche Werke hervorgehen sollen, vergibt. Die Zuschüsse können von Urhebern und Verlagen beantragt werden, die mit der VG Wort einen Wahrnehmungsvertrag abgeschlossen haben. Auch Herausgeber etwa von Sammelwerken können Gelder beanspruchen.

Ein Autor wissenschaftlicher Werke wendet sich aus eigenem und abgetretenem Recht eines weiteren Autors dagegen, dass die VG Wort Herausgeber sowie den Förderungsfonds Wissenschaft, dessen einzige Gesellschafterin die VG Wort ist, an den Einnahmen aus den gesetzlichen Vergütungsansprüchen der Urheber beteiligt. Denn dadurch schmälere sie den Anteil der beiden Autoren an diesen Einnahmen. Er macht insoweit Erstattungsansprüche geltend.

Zwei Fragen an den EuGH

In den Vorinstanzen hatte die Klage teilweise Erfolg, etwa in erster Instanz vor dem LG München I, das sowohl die Zahlungen an die Herausgeber als auch die an den Fonds für unzulässig erklärte.

Der BGH hat das Verfahren erstmal ausgesetzt und bittet den EuGH um Vorabentscheidung in zwei Fragen (Beschluss vom 21.11.2024 – I ZR 135/24). Der Gerichtshof möge zunächst klären, ob das Unionsrecht einer nationalen Vorschrift wie der des § 32 Abs. 1 VGG entgegensteht, wonach eine Verwertungsgesellschaft kulturell bedeutende Werke und Leistungen fördern soll, wenn dies zur Folge hat, dass auch Empfänger in den Genuss der Förderung gelangen, die (jedenfalls noch) nicht zum Kreis der Rechtsinhaber zählen.

Für den Fall, dass die Erbringung sozialer, kultureller oder bildungsbezogener Leistungen nur an Rechtsinhaber zulässig sein sollte, möchte der BGH auch die Frage beantwortet haben, ob der Rechtsinhaber einen gegenwärtigen Vergütungsanspruch innehaben muss oder die Inhaberschaft eines gegenwärtig nicht zu vergütenden Urheberrechts oder verwandten Schutzrechts ausreicht sowie ob ein Wahrnehmungsvertrag mit der Verwertungsgesellschaft bestehen muss.

BGH, Urteil vom 21.11.2024 - I ZR 135/24

Redaktion beck-aktuell, bw, 21. November 2024.