Rechtswidrige Ausschüttungen der VG Wort

Ein Autor war mit seiner Klage gegen die Verwertungsgesellschaft VG Wort e.V. wegen Ausschüttungen der VG Wort an Herausgeber sowie Zuwendungen an ihren Förderungsfonds Wissenschaft in den Jahren 2016 bis September 2019 überwiegend erfolgreich. Das Landgericht München I ist der Überzeugung, dass die Ausschüttungen und Zuwendungen rechtswidrig erfolgten und der Autor deswegen Erstattungsansprüche hat. Wie hoch diese genau sind, ist noch zu klären. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Ausschüttungen an Urheber zu Unrecht gemindert

Die beklagte VG Wort nimmt für den Kläger, einen Autor, die ihm gesetzlich zustehenden Vergütungsansprüche aus der Bibliothekstantieme und der Geräte- und Speichermedienvergütung wahr. Insofern habe der Kläger gegen die Beklagte hinsichtlich seiner Werke Ansprüche auf Ausschüttungen. Diese Ausschüttungen hat habe die Beklagte zu Unrecht gemindert, indem sie unberechtigt Ausschüttungen an Herausgeber und Zuwendungen an den Förderungsfonds der Wissenschaft der VG Wort vorgenommen habe, so das LG München I

Ausschüttungen an Herausgeber nicht berechtigt

Im Hinblick auf die Ausschüttungen an Herausgeber stellt das Gericht fest, dass die Wahrnehmung von Rechten von Herausgebern schon nicht vom bis ins Jahr 2018 geltenden satzungsgemäßen Aufgabenumfang der Beklagten umfasst gewesen sei. Selbst wenn man die Satzung weiter auslegen wollte, wären die Ausschüttungen dennoch zu Unrecht erfolgt. Denn die Regelungen des Verteilungsplans der Beklagten, die die Ausschüttungen im Einzelnen zuweisen, knüpften nicht an eine tatsächliche Berechtigung an und seien daher willkürlich und unwirksam.

Satzungsänderung ändert nichts an Unrechtmäßigkeit

In Bezug auf die Ausschüttungen nach der Satzungsänderung, gemäß der nunmehr die Beklagte die Rechte von Urhebern und Nutzungsrechtsinhabern an Sammelwerken wahrnimmt, stellt das LG fest, dass die Satzungsänderung mangels wirksamer schriftlicher Mitteilung gegenüber den Inhabern von Altverträgen schon nicht wirksam geworden war. Zudem stellten der Verteilungsplan der Beklagten und ihre Verwaltungspraxis nicht sicher, dass tatsächlich nur Ausschüttungen an Berechtigte, nämlich an Urheber oder Inhaber von Nutzungsrechten an Sammelwerken vorgenommen werden. Daher seien auch die Ausschüttungen an Herausgeber nach der erfolgten Satzungsänderung unwirksam, so die Kammer.

Auch Ausschüttungen an Förderungsfonds Wissenschaft unwirksam

Die Ausschüttungen an den Förderungsfonds Wissenschaft der VG Wort waren laut LG München I ebenfalls unwirksam. Nach höchstrichterlicher und europarechtlicher Rechtsprechung müssten die Einnahmen aus den gesetzlichen Vergütungsansprüchen nach §§ 27, 54 ff UrhG unbedingt unmittelbar und originär berechtigten Urhebern zugutekommen (GRUR 2016, 596 – Verlegeranteil; EuGH, GRUR 2013, 1025 – Amazon/AustroMechana). Die von der VG Wort vorgenommenen Zuschüsse an den Förderungsfonds Wissenschaft GmbH erfüllten diese Voraussetzungen nicht.

Recht auf Auskunft über Höhe der Minderung der Ausschüttungen

Die Kammer bejaht zudem einen Auskunftsanspruch der Klageseite, um welche Beträge sich die Ausschüttungen an die Klageseite in der Zeit vom 01.01.2016 bis zum 30.09.2019 durch die in den Feststellungsanträgen genannten Ausschüttungen an Herausgeber und Zuwendungen an den Förderungsfonds Wissenschaft der VG Wort GmbH vermindert haben, soweit dieser nicht verjährt war.

Entscheidung über Höhe der Erstattungen offen

In welcher Höhe der Kläger aufgrund der rechtswidrigen Ausschüttungen und Zuwendungen Rückzahlungen von der Beklagten erhält, bleibt einer Entscheidung nach Auskunftserteilung vorbehalten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

LG München I, Urteil vom 04.10.2021 - 42 O 13841/19

Redaktion beck-aktuell, 4. Oktober 2021.