In eigener Sache: BPatG muss nochmal übers NJW-Orange entscheiden
© Verlag C.H. Beck

Nächste Runde im Streit um die Umschlagfarbe der NJW. Das BPatG habe Vortrag der Antragstellerin nicht hinreichend berücksichtigt, meint der BGH. Nun müssen die Münchner Richter noch einmal klären, wie sie mit einem Gutachten umgehen, das die Bekanntheit des NJW-Orange im Markt bestätigt hat.

Die Farbe der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) wird erneut Gegenstand eines Verfahrens vor dem BPatG. Das Gericht, das den Markenschutz für das NJW-Orange im vergangenen Jahr bestätigte, habe den Vortrag der Antragstellerin in einem Punkt nicht hinreichend berücksichtigt, entschied der BGH.

Während die Antragstellerin mit dieser Rüge der Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG) erfolgreich war, kann der BGH einen Besetzungsmangel durch einen falschen  Umgang mit ihren Befangenheitsanträgen gegen sämtliche Richterinnen und Richter des BPatG-Senats in seiner am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung nicht erkennen (Beschluss vom 24.04.2024 – I ZB 50/24). Der Streit um das Orange der NJW, einem Schwesterprodukt von beck-aktuell*, dauert seit 2015 an. Nun geht es erneut zum BPatG, an das der I. Zivilsenat des BGH den Rechtsstreit zurückverweist.

Steht NJW-Orange wirklich für die NJW?

Bei der Farbe des Titelblatts der wöchentlich erscheinenden Fachzeitschrift handelt sich um einen extra für den Verlag angemischten Orangeton mit der internen Bezeichnung des Herstellers K E 194 156. Seit ihrem Löschungsantrag im Jahr 2015 gegen die 2008 eingetragene Farbmarke stützte sich die Beschwerdeführerin im Wesentlichen – und bis heute – darauf, dass die Marke nicht unterscheidungskräftig sei und sich auch nicht hinreichend am Markt durchgesetzt habe, um mit der NJW identifiziert zu werden. 

Rechtlicher Hintergrund ist § 8 Abs. 2 MarkenG. Danach sind unter anderem solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, denen für die vertriebenen Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Absatz 3 der Vorschrift sieht aber vor, dass diese Hindernisse ausnahmsweise nicht gelten, wenn sich die Marke bereits ausreichend am Markt durchgesetzt hat. Praktische Relevanz entfaltet diese Ausnahme gerade bei Farbmarken, die regelmäßig aus sich heraus keine starke Identifikationswirkung haben.

So liegt es auch beim NJW-Orange, denn ein bloßer Orange-Ton vermag für sich genommen auch im Fachpublikum noch keine Assoziation mit einer bestimmten Zeitschrift herzustellen. Folglich geht es im hiesigen Verfahren darum, ob das NJW-Orange einem breiten Publikum bekannt ist und mit der Zeitschrift bzw. dem Verlag identifiziert wird.

BGH: Der Antragstellerin zu viel abverlangt

Das BPatG war im vergangenen Jahr aufgrund einer Gesamtschau der Umstände zum Ergebnis gelangt, dass der Verlag C.H. Beck den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung erbracht habe. Es stellte dabei ab auf die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung sowie auf ein demoskopisches Sachverständigengutachten. Dieses hatte ergeben, dass von 205 Befragten 84,9 Prozent den Orange-Ton mit juristischen Fachzeitschriften, 64,9 Prozent mit einem juristischen Verlag und 57,1 Prozent explizit mit dem Verlag C.H. Beck in Verbindung brachten.

Der BGH entschied nun, dass das BPatG dabei überhöhte Anforderungen an den Vortrag der Antragstellerin zu einer Werbekampagne des Verlags gestellt habe, die teilweise in den Zeitraum der Befragung fiel.  Die Kampagne "NJW ist orange" habe den von der angegriffenen Marke geschützten Farbton hervorgehoben und könnte das Ergebnis des Gutachtens beeinflusst haben, so der I. Zivilsenat.

Das BPatG hatte von der Antragstellerin weiteren Vortrag dazu verlangt, wie die Marketingkampagne welche Teile des juristischen Fachpublikums in welchem Umfang angesprochen haben solle. Der BGH sieht es hingegen nicht als die Aufgabe der Angreiferin an, dazu detaillierter vorzutragen. Er greift auf die Grundsätze der sekundären Darlegungslast zurück und sieht demnach den Verlag C.H. Beck, der alle wesentlichen Tatsachen kenne oder kennen müsse, in der Pflicht zum Vortrag, dass die Umfrage das Ergebnis des Gutachtens nicht beeinflusst habe.

Entgegen Befangenheitsanträgen: BPatG-Senat war vorschriftsmäßig besetzt

Nicht durchdringen konnte die Antragstellerin mit ihrer Besetzungsrüge, weil das BPatG ihre Befangenheitsanträge gegen sämtliche Richterinnen und Richter des BPatG zurückgewiesen hat, die über die Sache entschieden haben. Gegen die Senatsvorsitzende hatte sie eingewandt, sie sei Mitautorin eines Werks im Verlag C.H. Beck, auch ihr Ehemann beziehe vom Verlag regelmäßig größere Honorare.

Weitere Richterinnen und Richter lehnte sie pauschal als befangen ab. Willkür der einen vergleichbar schweren Mangel des Verfahrens kann der BGH aber im Umgang des BPatG mit diesen Anträgen nicht erkennen. Der I. Zivilsenat verweist den Rechtsstreit daher wegen der Gehörsverletzung zurück ans BPatG. Dort steht dann die nächste Runde im Streit um das NJW-Orange an, der nun schon seit zehn Jahren andauert.

BPatG: Marke "den Senatsmitgliedern gerichtsbekannt"

Er nahm seinen Anfang mit einem Löschungsantrag beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) gegen die seit dem 10. Juni 2008 angemeldete Farbmarke Nr. 30 2008 037 660. Nachdem die zuständige Abteilung im DPMA den Löschungsantrag zurückgewiesen hatte, legte die Antragstellerin Beschwerde zum BPatG ein, die in der Sache keinen Erfolg hatte. Dabei stützte sich der Senat jedoch auf eine bis dahin geltende Rechtsprechung des BGH, nach der Zweifel an der Marktdurchsetzung zu Lasten desjenigen gingen, der einen Löschungsantrag stellte.

Auf die Rechtsbeschwerde der Beschwerdeführerin hob der BGH diese Entscheidung jedoch wieder auf: Zwischenzeitlich hatte der EuGH entschieden, dass bei Zweifeln an der Marktdurchsetzung die Beweislast trägt, wer die Marktdurchsetzung behauptet. Das BPatG entschied auch daraufhin, dass das NJW-Orange als Marke geschützt bleibt.

Die Münchner Richterinnen und Richter teilten das Ergebnis des nun erneut im Streit stehenden Gutachtens im vergangenen Jahr auch aus eigener Anschauung: "Die jahrzehntelange, ununterbrochen bis zum Entscheidungszeitpunkt und auch in der Werbung präsente Benutzung der Marke für die eingetragenen Waren 'juristische Fachzeitschriften' im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und nach der Wiedervereinigung auch in den neuen Bundesländern ist den Mitgliedern des Senats als Teil der angesprochenen Verkehrskreise gerichtsbekannt", hatte das Gericht vergangenes Jahr ausgeführt. Spätestens seit 1976 werde der fragliche Orange-Ton andauernd und intensiv für die NJW genutzt.

*Transparenzhinweis: Die Verfasserin dieses Artikels ist auch Mitglied der NJW-Chefredaktion.

BGH, Beschluss vom 24.04.2025 - I ZB 50/24

Redaktion beck-aktuell, Pia Lorenz, 14. Mai 2025.

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