beA-Zugang: Wenn Post ankommt, der Anwalt sie aber nicht lesen kann

Beim Zugang zum Anwaltspostfach gibt es in der Praxis immer mal wieder Ärger, zumal wenn es eingangsbereit, aber für kurze Zeit (noch) nicht lesbar ist. Keine Ideallösung für den BGH. Der aber bestätigt, dass die BRAK nicht verpflichtet ist, dem Inhaber bereits eingegangene Daten mitzuteilen.

Ein Rechtsanwalt unterhielt mehrere Kanzleisitze, für die er jeweils ein eigenes beA benötigte. Im Zusammenhang mit der Eröffnung weiterer beA-Postfächer bat er die Bundesrechtsanwaltskammer vergeblich, ihm unmittelbar nach deren Freischaltung Informationen darüber zu verschaffen, dass und von wem Nachrichten eingegangen sind. Das Problem bestand für ihn darin, dass die neuen Postfächer zwar eingangsbereit waren, aber (noch) nicht einsehbar. Die BRAK sah sich mit Blick auf das automatisierte Verfahren (das beA sei für sie "nicht einsehbar") sowie die anwaltliche Verschwiegenheit nicht verpflichtet, ihm die gewünschten Daten nach Art. 14 DS-GVO oder § 33 BDSG herauszugeben: Sie könne und dürfe nicht in die Postfächer schauen. Der Anwalt scheiterte beim AGH Berlin, der die Berufung nicht zuließ. Hierüber hatte Martin W. Huff für beck-aktuell berichtet. Dieser bezeichnete die Entscheidung als "vielleicht korrekt, aber nicht sinnvoll". Auch beim BGH hatte die Klage nunmehr keinen Erfolg.

Der Senat für Anwaltssachen lehnte den Antrag des Juristen auf Zulassung der Berufung ab, weil er keine Zweifel an der Entscheidung des AGH hatte (Beschluss vom 30.7.2024 – AnwZ (Brfg) 13/24). Schlüssige Argumente dagegen habe der Anwalt jedenfalls nicht dargetan.

Keine Ideallösung, aber allenfalls geringe Auswirkungen

Dass die Kammer ihr beA-System nach Ansicht des Kanzleigründers so programmieren müsse, so der BGH weiter, dass Nachrichten für den Postfachinhaber erst ab dem Zeitpunkt eingehen könnten, ab dem er auch den Zugang hierzu habe, sei nicht Gegenstand der vorliegenden Feststellungsklage. Auch könne dem Rechtsanwalt vor der Zertifizierung kein vorzeitiger (beschränkter) Zugang zu seinem beA gewährt werden, da die Kammer an § 22 Abs. 1 RAVPV (Erstanmeldung am Postfach mittels Zertifikats) gebunden sei. Zudem begründe sein Einwand, dieses Verfahren greife unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit von Rechtsanwälten ein, keinen seiner Klageanträge. Die Nachrichten seien für ihn angesichts des noch laufenden Zertifizierungsverfahrens lediglich für einen begrenzten Zeitraum nicht lesbar.

Auch der BGH verkenne nicht, dass die fehlende sofortige Zugriffsmöglichkeit des Rechtsanwalts auf den Inhalt des beA keine Ideallösung sei. Er gehe aber davon aus, dass die Auswirkungen der verspäteten Kenntnisnahme vom Inhalt des neuen beA "letztlich gering sein dürften": Sollte ein Anwalt – ohne sein Verschulden - aufgrund fehlender Zugriffsmöglichkeit Fristen versäumen, sei ihm Wiedereinsetzung zu gewähren.

Mit Blick auf die unbefriedigende Lage regte der Anwaltssenat allerdings Änderungen im Gesetz an: "Insofern erscheinen - de lege ferenda - insbesondere Änderungen des Verfahrens zur Einrichtung eines empfangsbereiten beA im Falle der Errichtung einer weiteren Kanzlei erwägenswert, die dem Rechtsanwalt zeitgleich mit der Empfangsbereitschaft eines solchen beA die Kenntnisnahme von dort eingegangenen Dokumenten ermöglichen (vgl. Hartung, aaO, S. 199: “unbeabsichtigter Webfehler des Gesetzes“).“

BGH, Beschluss vom 30.07.2024 - AnwZ (Brfg) 13/24

Redaktion beck-aktuell, ns, 11. September 2024.