Der BGH änderte im Juni 2023 seine Rechtsprechung und entschied erstmals, dass ein Diesel-Käufer wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV haben kann, mithin der Fahrzeughersteller auch bei Fahrlässigkeit haften kann. Anlass für die Änderung war ein zuvor ergangenes EuGH-Urteil. Nach seiner alten Linie hatte der BGH den einschlägigen Reglungen keinen Schutzgesetzcharakter beigemessen. Käufer hatten für einen Schadensersatzanspruch daher deutlich höhere Hürden zu nehmen. So hatte auch das Berufungsgericht im Ausgangsfall, der Mercedes-Benz betraf, in der ersten Runde einen Anspruch aus §§ 826, 31 BGB verneint, weil eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nicht schlüssig dargelegt worden sei.
Der BGH verwies zurück, das Berufungsgericht wies die Klage auch im zweiten Durchgang ab. Es folgte dabei der geänderten BGH-Rechtsprechung, sah einen Differenzschaden aber im Rahmen der Vorteilsausgleichung aufgezehrt. Bereits vor diesem Berufungsurteil hatte sich Mercedes-Benz mit einer Verfassungsbeschwerde gegen das BGH-Urteil gewandt. Unter anderem sah der Hersteller das Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG verletzt. Hintergrund ist, dass der VIa. Zivilsenat des BGH entschieden hatte, der "vorübergehend als Hilfsspruchkörper" für Diesel-Sachen eingerichtet wurde, um die zahlreichen Diesel-Klagen zu bewältigen. Der Hersteller monierte die Einrichtung des Hilfssenats und die Besetzung des Vorsitzes als gesetzwidrig.
Keine gegenwärtige und unmittelbare Betroffenheit durch BGH-Urteil
Die Verfassungsbeschwerde hatte aber keinen Erfolg. Das BVerfG hat sie nicht zur Entscheidung angenommen, die Beschwerde sei unzulässig (Beschluss vom 29.04.2025 - 2 BvR 1440/23). Mercedes-Benz sei schon nicht gegenwärtig und unmittelbar durch das BGH-Urteil betroffen, durch das die Sache nur zurückverwiesen worden sei.
Erst das verfahrensabschließende Berufungsurteil habe verbindlich Rechtsfolgen festgelegt. Die Bindungswirkung des BGH-Urteils ändere daran nichts. Denn Rechtsausführungen allein begründeten noch keine Beschwer – jedenfalls dann nicht, wenn der Prozessausgang trotz Bindungswirkung offenbleibe. Auf eine mögliche Beschwer in anderen Verfahren komme es nicht an.
Einrichtung und Besetzung des Hilfssenats: Nur Willkürprüfung
Ferner habe die Herstellerin eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter nicht ausreichend begründet. Die Herstellerin verkenne insbesondere den Kontrollmaßstab, der hier auf eine Willkürprüfung beschränkt sei, da es allein um die behauptete falsche Anwendung einfachrechtlicher Zuständigkeitsregelungen durch das BGH-Präsidium gehe. Eine willkürliche Anwendung der Regelungen bei der Einrichtung und der Besetzung des VIa. Zivilsenats habe die Herstellerin nicht dargetan.
Das BVerfG moniert auch, dass sich die Herstellerin nicht genügend mit dem einfachen Recht befasst habe. Die Herstellerin hielt es für generell unzulässig, gestützt auf § 21e Abs. 3 GVG durch Präsidiumsbeschluss einen Hilfsspruchkörper einzurichten und den Vorsitz nicht mit einem Vorsitzenden Richter oder einer Vorsitzenden Richterin zu besetzen. Sie hätte sich aber insbesondere intensiver mit der gegenteiligen ständigen Rechtsprechung der BGH-Strafsenate beschäftigen müssen, so das BVerfG. Sie lege weitgehend nur ihre eigene Auffassung dar.
Die Herstellerin lasse auch die Lage unberücksichtigt, in der der Hilfssenat eingerichtet worden sei – auf die Flut an Dieselfällen und frühere Abhilfemaßnahmen gehe sie nicht ein. Zudem berücksichtige sie nicht, dass es Aufgabe des BGH sei, für Rechtseinheitlichkeit und Rechtsfortbildung zu sorgen. Dies würde erschwert, würde die Zuständigkeit auf mehrere Zivilsenate verteilt. Auch ihre weiteren Rügen habe die Herstellerin nicht ausreichend begründet, so das BVerfG.