Gericht: Wirecard-Musterverfahren wird nicht aufgeteilt

In der Wirecard-Musterklage ehemaliger Aktionäre des Konzerns gegen den früheren Vorstandschef Markus Braun und zehn weitere Beklagte bleibt es bei einem einzelnen Verfahren: Das BayObLG hat die vom Musterkläger geforderte Aufspaltung in zwei Verfahren abgelehnt.

Der Senat erachtete die beantragten Abtrennungen für unzulässig. Im Fall einer Abtrennung käme es zu zwei parallelen Musterverfahren mit teilweise identischen Feststellungszielen. Dies würde der gesetzlichen Konzeption einer Bündelung aller Feststellungsziele in einem Verfahren zuwiderlaufen (Beschluss vom 13.05.2024 – 101 Kap 1/22).

Der Kollaps des Wirecard-Konzerns im Sommer 2020 hatte neben dem Strafverfahren hunderte von Zivilklagen zur Folge. Bei einem Großteil dieser Klagen handelt es sich um Schadensersatzklagen früherer Wirecard-Aktionäre und -Anleger gegen den seit Sommer 2020 in Untersuchungshaft sitzenden Ex-Vorstandschef Markus Braun und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY, die die mutmaßlich falschen Wirecard-Bilanzen testiert hatte. Um nicht eine Vielzahl sehr ähnlicher Klagen jeweils einzeln entscheiden zu müssen, hatte das LG München I das Musterverfahren initiiert.

Darin gebündelt sind Klagen gegen insgesamt elf Menschen und Unternehmen: An erster Stelle steht Braun, an zweiter EY. Die weiteren Beklagten sind der Insolvenzverwalter Michael Jaffé, Brauns persönliche Vermögensverwaltung, der seit bald vier Jahren untergetauchte frühere Wirecard-Vertriebsvorstand Jan Marsalek, Ex-Finanzvorstand Alexander von Knoop, der im Strafprozess als Kronzeuge auftretende frühere Wirecard-Manager Oliver Bellenhaus und vier der ehedem beteiligten Wirtschaftsprüfer.

Brauns Beteiligungsgesellschaft mittlerweile insolvent

Der Musterkläger hatte beantragt, die Verfahren gegen Braun, dessen Beteiligungsgesellschaft und EY abzutrennen und separat zu verhandeln. Brauns Beteiligungsgesellschaft ist mittlerweile ebenfalls insolvent, deswegen hat das Gericht das Musterverfahren gegen diese Firma unterbrochen. Gegen die zehn weiteren Beklagten läuft das Verfahren weiter.

Nicht unter den Beklagten im Musterverfahren ist der frühere Wirecard-Chefbuchhalter, der im Strafprozess dritter Angeklagter neben Braun und Bellenhaus ist. Insolvenzverwalter Jaffé ist im Musterverfahren Beklagter, hat aber selbst ebenfalls Klagen gegen Braun und andere ehemalige Wirecard-Spitzenmanager eingereicht.

BayObLG, Beschluss vom 13.05.2024 - 101 Kap 1/22

Redaktion beck-aktuell, ew, 15. Mai 2024 (ergänzt durch Material der dpa).