Die GDL hatte die Genossenschaft Fair Train gegründet, die mittelfristig als Leiharbeitsfirma für Lokführer in Aktion treten soll. Sie sollen dort zu besseren Bedingungen angestellt und dann an Bahn-Unternehmen verliehen werden. Ob dies funktioniert, ist offen. Die DB teilte mit, sie gehe aktuell davon aus, dass die GDL durch die Gründung der Genossenschaft ihre Tariffähigkeit verloren hat. Falls das Gericht diese Auffassung bestätigen sollte, könne die GDL keine wirksamen Tarifverträge mehr schließen und dürfe nicht mehr streiken, weil das legitime Streikziel, nämlich der Abschluss eines Tarifvertrags, nicht umsetzbar wäre.
Der Konzern habe daher am Dienstag beim LAG Hessen (unter dem Az. 5 BVL 1/2024) mit einem Antrag nach § 97 ArbGG um Klärung der Frage ersucht, ob die GDL weiter tariffähig ist, teilte ein Bahnsprecher mit. Eine Entscheidung in einem Verfahren nach § 97 ArbGG wirkt für und gegen jedermann, wenn sie rechtskräftig geworden ist. Die Gewerkschaft äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht.
Die Bahn wirft der GDL vor, gleichzeitig als Arbeitgeber und als Gewerkschaft aufzutreten. Zudem habe sie quasi mit sich selbst einen Tarifvertrag verhandelt und geschlossen. Das sei ein unzulässiges In-sich-Geschäft mit erheblichen Interessenkonflikten, denn die handelnden Personen bei GDL und Fair Train seien größtenteils dieselben. Damit sei die Gegnerunabhängigkeit der Gewerkschaft nicht mehr gewahrt. Das zeige sich beispielhaft an der Forderung der GDL nach einer 35-Stunden- und 4-Tage-Woche. Dadurch würden Lokführer noch knapper auf dem Arbeitsmarkt, so die Bahn. Das wiederum komme der neuen Genossenschaft zu Gute, indem es das Leiharbeitergeschäft ankurbele.
Bahn und GDL liefern sich gerade einen Tarifstreit, in dem es unter anderem um höhere Löhne, vor allem aber um eine kürzere Arbeitszeit für Schichtarbeiter geht. Fahrgäste müssen ab der kommenden Woche mit mehrtägigen Streiks rechnen, sollte es nicht noch eine Annäherung geben. Immer wieder zieht die Bahn gegen die Lokführergewerkschaft GdL vor Gericht, wie 2021, als es um die Anwendung der GDL-Tarifverträge ging.