Die Bundesregierung will die Strafvorschriften gegen Menschenhandel und Ausbeutung grundlegend reformieren und damit die geänderte europäische Richtlinie gegen Menschenhandel umsetzen. Das Ziel: Täterinnen und Täter sollen konsequenter zur Rechenschaft gezogen werden können. Das funktioniere bisher nur mäßig, erläutert das Bundesjustizministerium. Die Verurteilungszahlen seien niedrig, die Tatbestände unübersichtlich und die Anforderungen an die Beweisbarkeit der komplexen Tatbestandsmerkmale teils zu hoch. Das mache die Strafverfolgung schwierig.
Geplant sei in dem Referentenentwurf daher, die zuletzt 2016 neu gefassten Menschenhandelsdelikte (§§ 232 bis 233a StGB) sowie die Tatbestände zur sexuellen Ausbeutung (insbesondere §§ 180a, 181a StGB) im Zuge der Umsetzung der europäischen Vorgaben grundlegend zu reformieren.
Nachfragestrafbarkeit: Ausbeutung gibt es auch in Nagelstudios
Der Tatbestand des Menschenhandels (§ 232 StGB) soll – den geänderten europäischen Vorgaben entsprechend –überarbeitet und auf neue Formen der Ausbeutung ausgeweitet werden. Zukünftig sollen auch die Ausbeutungsformen der Leihmutterschaft, der Adoption und der Zwangsheirat erfasst sein.
Der Gesetzentwurf sieht in einem neuen § 232a StGB erstmals eine Nachfragestrafbarkeit in Bezug auf alle Ausbeutungsformen des Menschenhandels vor. Bislang kennt das deutsche Strafrecht eine Nachfragestrafbarkeit in Bezug auf Menschenhandel nur, soweit es um die Inanspruchnahme von sexuellen Dienstleistungen geht (sogenannte Freierstrafbarkeit zum Schutz von Opfern von Zwangsprostitution oder anderer sexueller Ausbeutung). Künftig soll sich aber auch strafbar machen, wer andere Dienstleistungen von Personen in dem Wissen in Anspruch nimmt, dass diese Personen ausgebeutet werden (zum Beispiel in einem Nagelstudio oder im Rahmen eines Bauvorhabens).
Schutz von Kindern und Jugendlichen verbessern
Die Tatbestände zum Schutz von Personen, die der Prostitution nachgehen, vor sexueller Ausbeutung sollen besser auf das Menschenhandelsstrafrecht abgestimmt werden. Die Strafrahmen sollen angehoben werden. Für den Grundtatbestand des Menschenhandels soll beispielsweise zukünftig eine Höchstfreiheitsstrafe von zehn Jahren statt bisher fünf Jahren gelten.
Neue Tatbestände sollen den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor der Ausbeutung bei sexuellen Handlungen gegen Entgelt verbessern. Die bisher auf verschiedene Vorschriften verteilten Straftatbestände zur Veranlassung, Ausbeutung und Inanspruchnahme entgeltlicher sexueller Handlungen von Kindern und Jugendlichen sollen neu strukturiert, ausgeweitet und mit höheren Strafen belegt werden.
Dem Gesetzentwurf liegt eine vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebene Evaluierung der Strafvorschriften zum Menschenhandel zugrunde. Auch Erfahrungen der Strafverfolgungspraxis sind nach Angaben des Ministeriums berücksichtigt worden. Stellungnahmen zum Entwurf sind bis zum 28. November möglich.


