"Zwei Kriminelle im Vorstand" - gemeint hatte Klestils Anwalt Stefan Freund Braun und den seit 2020 untergetauchte Vertriebsvorstand Jan Marsalek - hätten sich 35 Millionen unter den Nagel gerissen, sagte der Jurist zu Geldflüssen in den Monaten vor dem Konzern-Kollaps im Sommer 2020, die auch Teil der Anklage im parallel laufenden Wirecard-Strafprozess sind. "Die Vorstände haben eh gemacht, was sie wollten." Brauns Anwälte hingegen betonten, Braun habe im Vorstand ordnungsgemäß gehandelt. Im Wirecard-Strafprozess sitzt Braun sei Sommer 2020 in U-Haft. Er weist alle Vorwürfe von sich.
Verhandelt wurde im Münchner Justizpalast die Haftungsklage des Insolvenzverwalters Michael Jaffé gegen Braun, dessen ehemalige Vorstandskollegen Klestil und den früheren Wirecard-Aufsichtsratsvorsitzenden Wulf Mathias - letzterer ist bereits gestorben. Jaffé will die Manager persönlich für die immensen Verluste haftbar machen und möglichst viele Millionen für die Gläubiger sichern. Der Vorsitzende Richter Helmut Krenek ließ nicht erkennen, ob die Kammer Jaffés Haftungsklage in Gänze oder Teilen stattgeben will.
Der seit Sommer 2020 mit der Sicherung der Wirecard-Vermögenswerte beschäftigte Insolvenzverwalter wirft dabei auch Klestil vor, seine Pflichten bei der Überwachung des Vorstands verletzt zu haben. Klestil persönlich hatte bei seiner Zeugenaussage im Strafprozess vor wenigen Wochen zurückhaltend formuliert und Braun nicht direkt beschuldigt, Mitglied einer kriminellen Bande gewesen zu sein - das übernahm nun sein Anwalt im Zivilverfahren.