Kolumne
Alles fürs Mandatsgeheimnis
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Hartunggg
© Markus Hartung/Frank Eidel
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Mit Künstlicher Intelligenz (KI) nimmt das jetzt ja richtig Fahrt auf, auch bei uns Anwälten. Ohne geht gar nicht mehr, ein schönes EU-Gesetz haben wir auch schon, anders als andere Staaten, die haben dafür mehr KI.

13. Mai 2024

Gut, dass von uns keiner technisch so richtig durchblickt, wo welche Daten eigentlich wie verarbeitet werden, denn sonst würde man sich schon mal fragen, wie eigentlich der rege Gebrauch US-amerikanischer KI-Tools, von Microsoft oder ChatGPT zum Beispiel, mit § 43e IV BRAO zusammengeht. Kürzlich war ein Beitrag bei beck-aktuell mit „Qualifiziertes elektronisches Unvermögen“ überschrieben, ein so schönes wie gemeines Wortspiel, aber es ging um einen Anwalt, der nicht mit dem elektronischen Empfangsbekenntnis umgehen konnte, nach Mitteilung von Richtern offenbar ein verbreitetes Phänomen, aber lassen wir das. Technik eben, und Daten. Die BRAK forderte gerade im Rahmen der Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes wieder einen eigenen Datenschutzbeauftragten für die Anwaltschaft, aus Gründen, denn der wäre bestimmt gnädiger mit uns. Die Begründung hierfür war in mehrfacher Hinsicht interessant. Aufsichtsbehördliche Befugnisse müssten zum Schutz des Mandatsgeheimnisses beschränkt werden. Richtiger Punkt, da gab es mal was. Aber dann auch: Einschränkung des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs von Mandanten, damit das Zurückbehaltungsrecht der Handakten bei offenen Honorarforderungen nicht „ausgehebelt“ werden könne.

Beide Gründe werden auch auf einer anderen Baustelle diskutiert, die mit dem Datenschutz nichts zu tun hat: Es geht um Sammelanderkonten bzw. darum, was davon bleiben soll. Kollegen, die gelegentlich die Berufsordnung durchblättern, werden gemerkt haben, dass die Anforderungen in § 4 BORA deutlich angezogen haben. Die Satzungsversammlung hatte das nolens volens verschärft, um die Sammelanderkonten vor dem Hintergrund geldwäscherechtlicher Pflichten zu retten. Der Gesetzgeber will jetzt aber mehr, nämlich die Befugnis zur anlasslosen Prüfung dieser Konten, da wird gerade die Einführung eines neuen § 73a BRAO diskutiert. Sogar eine Anhörung gab es schon dazu, der Autor war anwesend. Sammelanderkonten sind in vielerlei Hinsicht ein Problem, für mehr reicht hier der Platz nicht. Aus BRAK-Kreisen hieß es jedoch, die Anwaltschaft brauche diese Konten, um Honoraransprüche verrechnen zu können. Die Kontrollbefugnisse lehnen die Kammern jedoch ab, unter anderem deshalb, weil Mandatsgeheimnisse gefährdet würden, wenn sie Geldbewegungen kontrollieren würden. Dass Datenschutz und Geldwäschekontrolle bei Mandanten nur eingeschränkt gelten sollen, weil es in beiden Fällen „Hebel“ beeinträchtigt, um Honoraransprüche durchsetzen zu können, gibt einem zu denken. Sind das wirklich gleichgewichtige Schutzgüter? Und wenn es um Honoraransprüche geht, warum wird dann das Mandatsgeheimnis ins Feld geführt? Und sogar die Gefährdung des Zugangs zum Recht? Irgendwas passt da nicht zusammen.

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Markus Hartung ist Rechtsanwalt und Mediator in Berlin, Senior Fellow des Bucerius Center on the Legal Profession und Mitglied des Berufsrechtsausschusses des DAV.