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Gostomzyk/Jürgen (Hrsg.), Böhmermann, Künast – Rezo - Medien- und Internetrecht in 20 Fällen und Wandtke/Bullinger/von Welser (Hrsg.), Fallsammlungen zum Urheber- und Medienrecht, 5. Aufl. 2023

Professor Dr. Thomas Hoeren ist Direktor der zivilrechtlichen Abteilung des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und Mitherausgeber der MMR.

Tobias Gostomzyk / Uwe Jürgen (Hrsg.), Böhmermann, Künast – Rezo - Medien- und Internetrecht in 20 Fällen, Frankfurt/M. (R&W Verlag) 2023, ISBN 978-3-8005-1761-9, 39 EUR

Artur-Axel Wandtke / Winfried Bullinger / Marcus von Welser (Hrsg.), Fallsammlung zum Urheber- und Medienrecht, 5. Aufl. 2023, München (C.H.BECK), ISBN 978-3-406-77367-9, 79 EUR

MMR-Aktuell 2024, 02010   Die Redaktion der MMR verfügt offensichtlich über einen blitzgescheiten Aushilfsredakteur für Rezensionen, Herrn Paul Steck. Und der hat einen herausragenden Sinn für gute Bücher, wie sich an der Zusendung der Fallsammlung von Gostomzyk und Jürgens zeigt. Diese beiden Herausgeber haben mit tatkräftiger Unterstützung vieler anderer Bearbeiter aus der Wissenschaft ein wirklich gelungenes Buch zum Urheber- und Medienrecht geschaffen. Das Besondere: Die Aufbereitung der Fälle erfolgt in einer Kombination aus journalistischer Darstellung und juristischer Falllösung. Dabei arbeiteten junge Masterstudierende der TU Dortmund und bekannte Hochschullehrer zusammen. Der Praxis-Fall wird dabei mit einem Interview garniert, das mit einem unmittelbar Beteiligten geführt wurde. Die juristischen Lösungen beruhen auf den Interviews und der Fallbeschreibung und arbeiten verschiedene Darstellungsformen heraus.

Die Felder kreisen um aktuelle Fälle aus der Praxis, beginnend mit dem NSU-Verfahren. Dann werden die streitigen Fragen bei den Ermittlungen wegen Landesverrats gegen Netzpolitik.org herausgearbeitet (S. 27). Besonders gut hat mir die Präsentation der Auseinandersetzungen um das Böhmermann-Gedicht „Schmähkritik“ (S. 53) gefallen. Um diffizile Fragen der Auslegung des KUG geht es in den umstrittenen Aufnahmen von dem Hütchenmann aus Dresden (S. 75) und danach zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz (S. 107). Dann kommt die gerade derzeit von den Gerichten zu klärende Frage der Tagesschau-App und der Presseähnlichkeit von Fernsehmedien (S. 139). In einem nächsten Schritt galt es zu klären, ob und wann Bundesbehörden zur Auskunft verpflichtet sind (S. 159), gefolgt von dem Bundespräsidenten Wulff auf der Mailbox des BILD-Chefredakteurs (S. 179) und mit dem Chefredakteur des ZDF auf Abruf der Politik (S. 197). Im nächsten Fall geht es um verdeckte Recherchen von Journalisten (S. 125), die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (S. 245) und das altbekannte Problem des digitalen Erbes vor allem bei Facebook-Accounts (S. 271). Daran schließt sich eine Diskussion um politische Influencer wie Rezo an (S. 303). Ganz aktuell ist die Frage nach der Corona WarnApp und dem Datensammeln für den Gesundheitsschutz (S. 333). Es schließen sich weitere Fälle zum Persönlichkeitsschutz bei Hassreden (S. 363) und zur Zulässigkeit von Upload-Filtern (S. 391) an. Aus Österreich stammt der interessante Fall „Strache“ mit dem zu Grunde liegende Problem, wann man rechtswidrig erlangte Informationen verwenden darf (S. 431). Schließlich finden sich noch die Fälle „Afghanistan Papiere“ (S. 455) sowie „Recht auf Vergessen“ gegenüber Google (S. 487). Das Buch schließt dann mit Hinweisen zum NetzDG insbesondere im Rahmen polizeilicher Ermittlungsarbeit (S. 511). Für all dieses Fallmaterial gibt es interessante Interviews mit einschlägigen Gesprächspartnern und sehr gut ausgearbeitete Lösungsskizzen. Ich kann daher das Buch nur wärmstens für die Lehre und anwaltliche Praxis empfehlen. Lehrende werden in den Ausführungen bestimmt vielfältige Anregungen finden, wenn es um die Aufbereitung konkreter Fälle für ihre Unterrichtszwecke geht. Anwälte finden darüber hinaus praktische Tipps und Hintergrundinformationen auch für ähnliche Fälle. Ein unbedingtes Muss: Auch der verhältnismäßig geringe Preis spricht auf jeden Fall für die Anschaffung.

Im Vergleich dazu fällt der „Wandtke/Bullinger“ etwas ab. Er hat aber den Vorteil, dass er eine altehrwürdige Fallsammlung neu aufbereitet, vor allem durch die kräftige Mitwirkung des Herausgebers von Welser. Die Fälle, beginnend mit dem Werkbegriff, setzen den Schwerpunkt auf das Urhebervertragsrecht bis hin zu den Schranken. Auch die Ausführungen zum Musik- und Filmrecht sind durchweg lesenswert. Ganz besonders gilt das für den Fall 22 zu Urheberrechtsfragen von ChatGPT. Gleichermaßen lesbar sind die Fälle zum internationalen Urheberrecht und besonders zur Plattformhaftung (Fall 31-33). Außerdem finden sich noch Fälle zum Persönlichkeitsrecht und zum Rundfunkrecht. Allerdings sind die Präsentation der Fälle und die Lösungsansätze durchweg konservativ und traditionell im Vergleich zum Buch von Gostomzyk/Jürgen. Die Lösungen sind aber sehr ausgewogen und scheuen sich vor allem nicht, streitige Probleme als streitig zu markieren und darzustellen.

Ich würde auch dieser Fallsammlung unbedingt für alle Lehrenden empfehlen. Man kann anhand der ganzen Fälle viel über Urheberrecht in der einer aktuellen Form lernen. Fälle zum Rundfunkrecht oder anderen Fragen des allgemeinen Medienrechts sind aber deutlich unterbelichtet und könnten ausgebaut werden.

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