Dr. Philipp Byers ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei Dentons.
Jan Tibor Lelley, Compliance im Arbeitsrecht, Leitfaden für
die Praxis, 2. Aufl. 2023, Köln (Luchterhand), ISBN 978-3-472-09677-1, 89 EUR
MMR-Aktuell 2023, 01015 Die Erstauflage des Werks aus dem Jahr 2010 liegt mittlerweile mehr als 10 Jahre zurück, sodass eine Neuauflage fast schon überfällig war. Das Thema „Compliance“ hat unverändert Hochkonjunktur, sodass dem Autor ein erheblicher Überarbeitungs- und Ergänzungsaufwand im Vergleich zur Erstauflage bevorstand. Dies macht sich nicht zuletzt dadurch bemerkbar, dass die Neuerscheinung 384 Seiten aufweist und damit deutlich umfangreicher als das Ursprungswerk ausfällt.
Das Werk zeichnet sich durch eine übersichtliche und nachvollziehbare Gliederung in 3 Teilen aus. In Kapitel A „Compliance – Die Grundlagen“ findet eine Einführung in die komplexe Thematik statt. Nach dem der Begriff der Compliance bis heute nicht gesetzlich definiert ist, erscheint es mehr als zweckdienlich, dass das Werk dem Leser hier eine anschauliche Handreichung über die Grundlagen von Compliance liefert. Kapitel B „Compliance - Die Organisation“ geht auf die Struktur einer Compliance-Organisation im Unternehmen ein. Neben der Funktion des Compliance-Officers setzt sich das Werk auch mit der mehr als praxisrelevanten Thematik „Krisenkommunikation“ ausführlich auseinander. Leider wird die Krisenkommunikation bei Compliance-Vorfällen häufig unterschätzt, sodass es sinnvoll ist, dass der Autor hier entsprechend „sensibilisiert“.
Inhaltlicher Schwerpunkt ist allerdings Kapitel C „Compliance – Die Umsetzung“. In 18 Unterkapitel werden einzelne Bereiche und rechtliche Fragen der arbeitsrechtlichen Compliance anschaulich dargestellt. So werden hier „Compliance-Klassiker“ wie die „Gestaltung von Compliance-Richtlinien“, „Internal Investigations“ oder „Mitarbeiterkontrollen“ praxisgerecht abgehandelt. Das Werk zeichnet sich aber darüber hinaus auch durch Aktualität aus. So wird bei dem Thema „Whistleblowing“ bereits das in Kraft getretene Hinweisgeberschutzgesetz angemessen berücksichtigt. Aber auch Themen wie „ESG“ oder die „Arbeitswelt 4.0“ finden ihren berechtigten Platz bei dem Autor. Insbesondere die immer zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt birgt vielfältige und oftmals nicht erkannte Compliance-Risiken. Deshalb ist es sehr hilfreich, dass sich das Werk auch mit häufig vernachlässigten Fragen der Cyber- und Technik-Compliance auseinandersetzt.
Auf der Höhe der Zeit zeigt sich der Autor auch beim Thema „Compliance und Betriebsverfassung“. Praxisgerecht wird hier das immer relevantere Compliance-Thema „Vergütung von freigestellten Betriebsratsmitgliedern“ besprochen. Leider konnte das Werk die aktuelle Rechtsprechung des BGH zur Vergütung der Betriebsratsmitglieder des Volkswagen-Konzerns nicht mehr berücksichtigen. Auch durch das Feld des Beschäftigtendatenschutzes, der auf Grund oftmals horrender Bußgeldpraktiken der Aufsichtsbehörden immer risikoträchtiger wird, führt der Autor umfassend und praxisgerecht.
Abgerundet wird das Werk durch Checklisten und Formulierungsvorschläge, die insbesondere dem Praktiker bei der Bewältigung von Compliance-Fragen im betrieblichen Alltag und/oder bei der anwaltlichen Mandatsbearbeitung weiterhelfen können. Der Übersichtlichkeit dient es auch, dass das Werk am Anfang die wichtigsten gesetzlichen Normen mit arbeitsrechtlichem Compliance-Bezug abbildet.
Insgesamt lässt sich festhalten: Lelley hat auch mit der Neuauflage ein wertvolles Werk vorgelegt, dass sich insbesondere durch seine Praxisbezogenheit auszeichnet. Vollkommen berechtigt nimmt der Autor daher für sich im Untertitel des Buches in Anspruch, einen „Leitfaden für die Praxis“ vorzulegen. Das Werk kann jedem Praktiker uneingeschränkt empfohlen werden.