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Frankreich: Gesetzentwurf zur Sicherung und Regulierung des digitalen Raums im Senat verabschiedet

Dr. Jörg Ukrow, LL.M.Eur., ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Instituts für Europäisches Medienrecht e. V. (EMR), Saarbrücken, und stellvertretender Direktor der Landesmedienanstalt Saarland (LMS).

MMR-Aktuell 2023, 01122   Der Gesetzentwurf der französischen Regierung zur Sicherung und Regulierung des digitalen Raums (loi visant à sécuriser et réguler l’espace numérique – SREN), der im Mai 2023 vorgelegt wurde, im Juli 2023 im französischen Senat beraten wurde und voraussichtlich im Oktober 2023 in der französischen Nationalversammlung behandelt werden soll, stützt sich insbesondere auf drei parlamentarische Berichte über die Pornoindustrie und die digitale Souveränität.

Mit Blick auf den Schutz der Kinder vor Online-Pornografie sollen die Befugnisse der Regulierungsbehörde für audiovisuelle und digitale Kommunikation (Arcom) im Kampf gegen den Zugang von Kindern zu pornografischen Seiten gestärkt werden. Die Arcom muss nach dem Entwurf ein allgemeines Referenzsystem entwickeln, das die technischen Anforderungen an Altersverifikationssysteme festlegt, damit nur volljährige Personen auf pornografische Seiten zugreifen können. Sie kann innerhalb eines Monats die Sperrung von Pornoseiten anordnen, die das Alter ihrer Nutzer nicht überprüfen, ohne dass es hierzu weiterhin eines richterlichen Beschlusses bedürfen soll. Die Arcom kann nach dem Gesetzentwurf auch die Auslistung solcher Seiten gegenüber Suchmaschinen anordnen und hohe Geldstrafen verhängen. Darüber hinaus müssen Hosting-Provider kinderpornografische Inhalte, die ihnen von der Polizei oder der Gendarmerie gemeldet werden, innerhalb von 24 Stunden entfernen, andernfalls drohen ein Jahr Gefängnis und 250.000 EUR Geldstrafe, bei wiederholten Verstößen sogar noch mehr.

Der Senat schlägt insoweit zusätzliche Sicherungen vor: Pornografische Webseiten sollen verpflichtet werden, vor der Verbreitung von Inhalten, die insbesondere die Simulation einer Vergewaltigung oder eines sexuellen Übergriffs beinhalten, systematisch eine Warnmeldung anzuzeigen. Darüber hinaus können Personen, die vertraglich an einen Herausgeber pornografischer Inhalte gebunden sind, von den Hosts die Entfernung von Inhalten verlangen, die unter Verletzung der vereinbarten Modalitäten verbreitet werden. Außerdem wurde ein Mechanismus verabschiedet, der es der Arcom ermöglicht, das Herunterladen von Anwendungen zu blockieren, die gegen die gesetzliche Kontrolle der Altersgrenzen verstoßen. Der Katalog der Straftaten, die unter die Strafe der „Verbannung“ aus sozialen Netzwerken fallen, soll um Drohungen und Einschüchterungen gegen gewählte Vertreter sowie Online-Beleidigung erweitert werden. Zudem soll die Verbreitung eines Bildes, Videos oder einer Aufnahme einer Person, die von einer Künstlichen Intelligenz ohne ihre Zustimmung und ohne Hinweis darauf, dass es sich um eine Fälschung handelt, erstellt wurde, ebenso unter Strafe gestellt werden wie die Veröffentlichung von Deepfakes mit sexuellem Inhalt, dh die Verbreitung von pornografischen Videos, die von einer KI erstellt wurden und eine Person ohne deren Einwilligung darstellen.

Mit Blick auf den Schutz vor Online-Betrug, Belästigung und Desinformation sieht der Gesetzentwurf die Einführung eines Cybersicherheitsfilters für die breite Öffentlichkeit vor. Eine Warnmeldung soll die Menschen darauf aufmerksam machen, wenn sie nach Erhalt einer betrügerischen SMS oder E-Mail im Begriff sind, eine bösartige Webseite aufzurufen. Das System soll die Bürger vor betrügerischen Versuchen schützen, auf ihre persönlichen Daten oder Bankdaten zuzugreifen. In einer Datenbank sollen alle bösartigen Webseiten gesammelt werden, die von den Opfern identifiziert und den Verwaltungsbehörden gemeldet wurden. Die Sanktionen für Personen, die wegen Hass im Internet, Cybermobbing oder anderen schweren Straftaten (Kinderpornografie, Zuhälterei usw.) verurteilt wurden, sollen nach dem Gesetzentwurf verstärkt werden: Der Richter kann gegen sie eine zusätzliche Sperrstrafe oder „Verbotsstrafe“ für soziale Netzwerke für sechs Monate (bzw. ein Jahr im Wiederholungsfall) verhängen. Dem sozialen Netzwerk, das das gesperrte Konto nicht sperrt, droht eine Geldstrafe von 75.000 EUR.

Um sich besser vor Desinformation durch ausländische Medien, die von EU-Sanktionen betroffen sind (wie Sputnik oder Russia Today France), zu schützen, kann die Arcom nach dem Gesetzentwurf neue Betreiber anweisen, die Ausstrahlung eines ausländischen „Propagandakanals“ im Internet innerhalb von 72 Stunden zu stoppen. Bei Nichteinhaltung kann sie die Sperrung der betreffenden Webseite anordnen und eine Geldstrafe von bis zu 4% des Umsatzes des Betreibers verhängen.

Um die Abhängigkeit von Unternehmen von Cloud-Anbietern zu verringern, passt der Gesetzentwurf das französische Recht im Vorgriff auf die künftige europäische Datenverordnung, den Data Act, an. Gebühren für die Datenübertragung werden verboten. Und die Praxis von Cloud-Krediten (Handelsguthaben) wird zeitlich begrenzt sein. Cloud-Dienste müssen interoperabel sein.

Der Gesetzentwurf passt zudem das französische Recht an, damit der Digital Services Act und der Digital Markets Act der EU angewendet werden können. IRd DSA wird die Arcom in Frankreich als „Koordinator für digitale Dienstleistungen“ benannt. Die Generaldirektion Wettbewerb, Verbraucherangelegenheiten und Betrugsprävention (Direction générale de la concurrence, de la consommation et de la répression des fraudes - DGCCRF) wird als die Behörde benannt, die die Einhaltung der Verpflichtungen der Anbieter von Marktplätzen überwacht. Die französische Datenschutzbehörde (Commission nationale de l'informatique et des libertés - CNIL) wird dafür zuständig sein, zu überprüfen, ob die Plattformen die Beschränkungen einhalten, die in Bezug auf das Profiling von Werbung aufgestellt wurden (Verbot für Minderjährige oder auf der Grundlage sensibler Daten). Die Anpassung des französischen Rechts an den Data Act wird schließlich mit neuen Befugnissen für den Post- und TK-Regulierer (Autorité de Régulation des Communications Électroniques, des Postes et de la Distribution de la Presse - Arcep) und die CNIL behandelt.

 

Weiterführende Links

Vgl. auch Etteldorf MMR-Aktuell 2023, 457235; MMR-Aktuell 2023, 457920 und Klein MMR-Aktuell 2022, 452315.

 

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