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EU-Kommission: Gatekeeper-Liste unter DMA veröffentlicht

Dr. Jörg Ukrow, LL.M.Eur., ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Instituts für Europäisches Medienrecht e. V. (EMR), Saarbrücken, und stellvertretender Direktor der Landesmedienanstalt Saarland (LMS).

MMR-Aktuell 2023, 01118   Die EU-Kommission hat am 6.9.2023 auf Grundlage des Gesetzes über digitale Märkte (Digital Markets Act – DMA) erstmals mit Alphabet, Amazon, Apple, ByteDance, Meta und Microsoft sechs sog. Torwächter (Gatekeeper) im Hinblick auf folgende 22 von ihnen bereitgestellte zentrale Plattformdienste benannt.

Diese Gatekeeper sind:

Alphabet im Hinblick auf

  • Google als Werbedienst
  • Google Search als Suchmaschine
  • Google Maps, Google Play und Google Shopping als Vermittlungsdienste
  • Google Alphabet als Betriebssystem
  • Chrome als Browser
  • YouTube als Videosharing-Dienst

    Amazon im Hinblick auf

  • Amazon als Werbedienst
  • Amazon Marketplace als Vermittlungsdienst

    Apple im Hinblick auf

  • AppStore als Vermittlungsdienst
  • iOS als Betriebssystem
  • Safari als Browser

    ByteDance im Hinblick auf Tiktok als soziales Netzwerk

    Meta im Hinblick auf

  • Meta als Werbedienst
  • Meta Marketplace als Vermittlungsdienst
  • Facebook und Instagram als soziale Netzwerke
  • WhatsApp und Messenger als Kommunikationsdienste (nummernunabhängige interpersonelle TK-Dienste (NI-ICS))

    Microsoft im Hinblick auf

  • Windows PC OS als Betriebssystem
  • LinkedIn als soziales Netzwerk

Nur Unternehmen, die von der EU-Kommission als Torwächter benannt wurden, unterliegen den Verpflichtungen des DMA. Einer solchen Benennung liegen drei Kriterien zu Grunde:

  • Eine Größe, die sich auf den Binnenmarkt auswirkt

    Davon wird ausgegangen, wenn das Unternehmen in jedem der letzten drei Geschäftsjahre im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) einen Jahresumsatz von mind. 7,5 Mrd. EUR erzielt hat oder wenn sich seine durchschnittliche Marktkapitalisierung oder ein entsprechender Marktwert im letzten Geschäftsjahr auf mind. 75 Mrd. EUR belief und das Unternehmen in mindestens drei Mitgliedstaaten einen zentralen Plattformdienst erbringt

  • Kontrolle über ein wichtiges Zugangstor für gewerbliche Nutzer zu den Endverbrauchern

    Davon wird ausgegangen, wenn das Unternehmen einen zentralen Plattformdienst betreibt, der im Monat über 45 Mio. aktive Endnutzer hat, die in der EU niedergelassen sind oder sich dort aufhalten, und wenn das Unternehmen im letzten Geschäftsjahr über 10.000 aktive gewerbliche Nutzer mit Niederlassung in der EU hatte;

  • Eine gefestigte und dauerhafte Position

Davon wird ausgegangen, wenn ein Unternehmen das zweite Kriterium in jedem der letzten drei Geschäftsjahre erfüllt hat.

Unternehmen, die diese drei Kriterien erfüllen, werden generell als Torwächter betrachtet, haben aber die Möglichkeit, diese Vermutung zu widerlegen und stichhaltige Argumente vorzubringen, um so nachzuweisen, dass sie auf Grund außergewöhnlicher Umstände doch nicht als Torwächter benannt werden sollten, obwohl sie alle Schwellenwerte erreichen.

Erfolgt ein solcher Nachweis nicht, haben die sechs benannten Torwächter sechs Monate Zeit, um die vollständige Einhaltung der Verpflichtungen gemäß dem DMA für jeden ihrer benannten zentralen Plattformdienste sicherzustellen. Einige der Verpflichtungen gelten jedoch direkt ab dem Zeitpunkt der Benennung, zB die Verpflichtung, die EU-Kommission über jeden geplanten Zusammenschluss zu unterrichten. Es liegt bei den benannten Unternehmen, die wirksame Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten und nachzuweisen. Zu diesem Zweck müssen sie innerhalb von sechs Monaten einen ausführlichen Compliance-Bericht vorlegen, in dem sie darlegen, wie sie die einzelnen Verpflichtungen des Gesetzes über digitale Märkte erfüllen. Kommt ein Torwächter den im DMA festgelegten Verpflichtungen nicht nach, kann die EU-Kommission Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 10% des weltweit erzielten Gesamtumsatzes des Unternehmens verhängen, der bei wiederholter Zuwiderhandlung auf bis zu 20% erhöht werden kann. Im Falle systematischer Zuwiderhandlungen ist die EU-Kommission auch befugt, weitere Abhilfemaßnahmen einzufordern. Sie kann zB einen Gatekeeper dazu verpflichten, ein Unternehmen oder Teile davon zu verkaufen, oder sie kann dem Torwächter verbieten, zusätzliche Dienste zu erwerben, die mit der systematischen Nichteinhaltung in Verbindung stehen.

Parallel zu der Benennung der sechs Gatekeeper hat die EU-Kommission vier Marktuntersuchungen eingeleitet, um die eingereichten Mitteilungen von Apple und Microsoft weiter zu prüfen, denen zufolge einige ihrer zentralen Plattformdienste (bei Apple iMessage, bei Microsoft Bing, Edge und Microsoft Advertising) nicht als Zugangstore anzusehen sind, obwohl sie die genannten Schwellenwerte erreichen. Die Untersuchung sollte innerhalb von fünf Monaten abgeschlossen werden. Zudem hat die EU-Kommission eine weitere Marktuntersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob Apples iPadOS zu den Torwächtern gezählt werden sollte, obwohl es die Schwellenwerte nicht erreicht. Diese Untersuchung sollte innerhalb von höchstens zwölf Monaten abgeschlossen werden. Darüber hinaus kam die EU-Kommission zu dem Schluss, dass Gmail, Outlook.com und Samsung Internet Browser zwar die Schwellenwerte des DMA für die Einstufung ihrer Betreiber als Torwächter erreichen, Alphabet, Microsoft und Samsung jedoch hinreichend begründete Argumente dafür vorgelegt haben, dass diese Dienste nicht als Zugangstor für die jeweiligen zentralen Plattformdienste anzusehen sind. Daher beschloss die EU-Kommission, Gmail, Outlook.com und Samsung Internet Browser nicht als zentrale Plattformdienste zu benennen. Dementsprechend wurde Samsung nicht als Torwächter in Bezug auf einen zentralen Plattformdienst eingestuft.

Weiterführende Links

Vgl. auch Kuntz MMR-Aktuell 2023, 01109; Martini/Kramme/Kamke MMR 2023, 399; MMR-Aktuell 2022, 448121 und MMR-Aktuell 2022, 452775.

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