CHB_RSW_Logo_mit_Welle_trans
Zeitschrift für Datenschutz | Banner

USA: Bundesstaat Montana will TikTok per Gesetz verbieten

Christina Etteldorf ist Wissenschaftliche Referentin am Institut für Europäisches Medienrecht e.V. (EMR), Saarbrücken.
MMR-Aktuell 2023, 457800   Am 17.5.2023 hat der Governeur des US-Bundesstaats Montana einen Rechtsakt unterzeichnet, der die TikTok-App im Bundesstaat verbietet. Das betrifft sowohl das Anbieten der App durch den chinesischen Inhaber Bytedance in und die Nutzung der App durch Bürger aus Montana als auch die Zurverfügungstellung der mobilen App in einem App-Store für das Gebiet von Montana. Gründe dafür sind einerseits gefährdende Inhalte auf der Plattform und Datenschutzinteressen der Nutzer, andererseits aber auch staatliche Sicherheitsinteressen, die durch potenzielle Überwachungsmöglichkeiten der chinesischen Regierung als gefährdet angesehen werden. In Kraft treten soll der „Act on banning TikTok in Montana“ am 1.1.2024.

Ein erster Entwurf für den Rechtsakt wurde nach einer entsprechenden Anfrage der Senatorin Shelley Vance (Republikanische Partei) von Januar 2023 am 20.2.2023 vorgelegt. Nach einem vergleichsweise kurzen parlamentarischen Prozess mit wenigen Änderungen wurde der Rechtsakt nun Mitte Mai vom Gouverneur unterzeichnet und ist damit erlassen. Die finalen Erwägungsgründe, die dem Rechtsakt vorangestellt sind, geben dabei detailliert Aufschluss über Motive und Ziele des Verbots des chinesischen sozialen Netzwerks, das sich auch in Amerika steigender Beliebtheit, vor allem bei Jugendlichen, erfreut. So wird zunächst die Erwägung ausgeführt, dass die Volksrepublik China ein „Gegner“ der Vereinigten Staaten und Montanas sei und ein Interesse daran habe, Informationen über Einwohner, Unternehmen und das geistige Eigentum der Nutzer zu sammeln, um Unternehmens- und internationale Spionage zu betreiben. Mit dem Begriff des „Gegners“ („adversary“) nimmt der Rechtsakt Bezug auf die Liste ausländischer Regierungen, die nach Ansicht des Handelsministeriums langfristig oder schwerwiegend die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten oder die Sicherheit von US-Bürgern erheblich gefährdet haben und daher in Art. 15 des Code of Federal Regulations aufgelistet sind (neben China auch Kuba, der Iran, Nordkorea, Russland und Venezuela). TikTok als hundertprozentige Tochtergesellschaft von ByteDance, einem chinesischen Unternehmen, sei der Kontrolle und Aufsicht der chinesischen Regierung ausgesetzt und könne angewiesen werden, Nutzerdaten weiterzugeben, einschließlich der Echtzeit-Standorte der Nutzer. Daneben will das Gesetz aber auch Bedenken in Bezug auf illegale oder schädliche Inhalte adressieren: So versäume es TikTok, gefährliche Inhalte, die Minderjährige zu gefährlichen Aktivitäten anleiten, zu entfernen, fördere solche sogar. Dazu nennt der einleitende Gesetzesteil verschiedene Beispiele wie die Einnahme übermäßiger Mengen von Medikamenten, das Herbeiführen von Bewusstlosigkeit durch Sauerstoffentzug, aber zB auch „das Kochen von Hühnchen in NyQuil“ (ein Hustensirup) sowie viele andere Beispiele aus vermeintlichen TikTok-Trends. Schließlich soll es auch um den Schutz der Privatsphäre, mit dem Unterton weiterer Sicherheitsinteressen, gehen: Der Diebstahl von Informationen und Daten von Nutzern durch TikTok und die Möglichkeit, diese Daten mit der Kommunistischen Partei Chinas zu teilen, verletze das Recht auf Privatsphäre in Montana in unannehmbarer Weise und könnte es der Volksrepublik China ermöglichen, „die Standorte von Beamten, Journalisten und anderen Personen, die Gegner der Interessen der Kommunistischen Partei Chinas sind, in Echtzeit zu verfolgen“.

Der Rechtsakt knüpft an diese Erwägungen ein überschaubares Portfolio an Regeln, die aber erhebliche Folgen für TikTok haben. Der Betrieb von TikTok durch das Unternehmen oder die Nutzer wird genauso verboten wie das Anbieten der App zum Download. Verstöße von Unternehmen gegen dieses Verbot können mit einem Bußgeld von 10.000 USD für jeden einzelnen Verstoß geahndet werden, sowie weitere 10.000 USD für jeden weiteren Tag, an dem der Verstoß andauert. Die Strafen gelten jedoch nicht für Nutzer. Der Einwand, dass der Verletzer vernünftigerweise nicht wissen konnte, dass die Verletzung innerhalb der territorialen Zuständigkeit von Montana (Orte, die der Strafgerichtsbarkeit von Montana unterliegen) stattfand, bleibt allerdings möglich. Die Rechtsdurchsetzung liegt beim Justizministerium. Der Rechtsakt soll nur so lange und so weit gelten, wie TikTok einem Unternehmen gehört, das in einem Land ansässig ist, das in der o.g. Liste „ausländischer Gegner“ der USA aufgeführt ist.

Aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft ist der Rechtsakt starker Kritik ausgesetzt. Das betrifft nicht nur das Infragestellen, dass ein Verbot der richtige Weg zum Umgang mit den geäußerten Bedenken des Rechtsakts ist. Es betrifft auch Fragen der technischen Umsetzbarkeit, eine mobile Anwendung nur für ein bestimmtes Bundesstaatsgebiet zu unterdrücken.

 

Weiterführende Links

Vgl. auch Askanazy MMR-Aktuell 2023, 456988; Moringen MMR-Aktuell 2022, 454724 sowie ZD-Aktuell 2023, 01112.

 

Anzeigen

MMR kostenlos testen

IT-Recht Plus Premium

BECK Stellenmarkt

Teilen:

Menü