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Kick-off-Tagung „eSport in Recht und Gesellschaft“

Nelli Schlee/Daniel Eckhardt

Dipl.-Jur. Nelli Schlee ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Rechtsinformatik der Leibniz Universität Hannover. Stud. iur.

Daniel Eckhardt ist studentische Hilfskraft am Institut für Rechtsinformatik der Leibniz Universität Hannover.

MMR-Aktuell 2023, 457616   „Inwieweit ist eSport in der Gesellschaft etabliert und welche Herausforderungen ergeben sich bei der Regulierung des eSports?“ Dieser Kernfrage widmeten sich die vier Vortragenden am 6.4.23 auf der Kick-off-Tagung des Kompetenzzentrums eSport der Leibniz Universität Hannover (Ke§H). Die Veranstaltung lockte rund 50 interessierte Teilnehmende an und gab Anlass zu regen Diskussionsbeteiligungen.

Hinter eSport steckt weitaus mehr als nur bloßes „Gaming“. Das zeigt sich unter anderem darin, dass sich zunehmend Menschen aus unterschiedlichen Kreisen der Gesellschaft für eSport faszinieren und dieser durch eine rasante Professionalisierung und Monetarisierung an gesamtgesellschaftlicher Brisanz gewinnt.

Aus diesen gesellschaftlichen Auswirkungen heraus ergeben sich rechtliche Fragestellungen und Probleme, denen man sich methodisch annähern muss, um dogmatisch rechtliche Rahmenbedingungen in der rasant wachsenden Welt des eSports zu beleuchten, auszutarieren und zu gestalten. Diesem Ziel haben sich Prof. Dr. Margrit Seckelmann, M.A., und RA Dr. Andreas H. Woerlein, LL.M., und weitere Mitarbeitende des Instituts für Rechtsinformatik mit der Gründung des Kompetenzzentrum eSport der Leibniz Universität Hannover (kurz „Ke§H“) im Wintersemester 2021/2022 verschrieben.

 

Die Tagung wurde mit einer Begrüßung durch die Herausgeberin und den Herausgeber der Schriftenreihe des Ke§H, Prof. Dr. Margrit Seckelmann, M.A. und RA Dr. Andreas H. Woerlein, LL.M., eröffnet, welche in ihrer Ansprache Hintergrundinformationen über die Entstehung des Kompetenzzentrums lieferten und zu einem Grußwort des Dekans der juristischen Fakultät, Herrn Prof. Dr. Jan Eichelberger, überleiteten. Dieser betonte, dass die eSports-Industrie mittlerweile zu einem enormen Wirtschaftsfaktor herangewachsen sei und sich einem erheblichen gesellschaftlichen Zuspruch erfreue. Auch gab der Dekan eine spannende geschichtliche Einordnung zum eSport und dessen Entwicklung vom Nischen- hin zum Massenphänomen mit enormem Wirtschaftsinteresse.

 

Es folgte ein weiteres Grußwort von Herrn Jannik Oppenborn, der im Namen der studentischen Vereinigung für eSport der Universität Hannover insbesondere hervorhob, dass es weitgehend problematisch sei, dass „eSport“ nicht als „Sport“ anerkannt werde, und derzeit keine offizielle Klassifizierung zwischen eGaming und eSport existiere.

 

In dem ersten Vortrag der Tagung widmete sich RA Dr. Oliver Daum der definitorischen Frage „Was bedeutet E-Sport? – Liegen Gesetzgeber und ESBD falsch?“ und beantwortete diese mit einem eigenen Definitionsversuch, dem er sich anhand der verbandlichen Definition des ESBD näherte. Im Ergebnis handle es sich nach Daum bei eSport schlicht um den „Wettkampf zwischen Menschen mittels Computerprogrammen nach vereinbarten Regeln.“ Diese modifizierte Definition sorgte in der nachfolgenden Fragerunde für einen regen Austausch unter den Teilnehmenden der Tagung über die einzelnen tatbestandlichen Elemente der Definition. Die Diskussion zeigt, dass es vorerst wohl auch weiterhin keine allgemeingültige Definition zum eSport geben wird.

 

Der zweite Vortrag wurde von dem Mitbegründer des Ke§H, RA Dr. Andreas H. Woerlein, LL.M., zum Thema „Glücksspielrechtliche Herausforderungen im Zusammenhang mit Gaming und eSport“ gehalten. Auch er griff das Thema der fehlenden Legaldefinition des Begriffs „eSport“ auf, verwies jedoch darauf, dass der Definitionsansatz des ESBD mittlerweile Einzug in die Literatur und die parlamentarische Debatte gehalten habe. Der Meinungsstand zur Streitfrage, ob „eSport“ nun als „Sport“ bezeichnet werden könne, war ebenfalls Teil des Vortrags. Als Lösungsansatz für die festgefahrene Debatte wurde dabei eine Gleichbehandlungsregelung für Sport und eSport – in Anlehnung an § 90a BGB – präsentiert. Danach sei der eSport staatsvertraglich zwar kein Sport, solle aber wie dieser behandelt werden. Ein solcher Kompromiss trage nicht nur der starken Rolle des Publishers im eSport ausreichend Rechnung, sondern ermögliche auch eine praxistaugliche Regulierung eines stetig wachsenden Markts. Abschließend ging Woerlein noch auf die glücksspielrechtliche Relevanz der sog. „Lootboxen“ ein. Obwohl diese nach seiner Auffassung grundsätzlich kein Glücksspiel iSd § 3 Abs. 1 S. 1 GlüStV darstellen, sei dennoch mit einer Klagewelle von Gamern gegenüber den Anbietern von Lootboxen zu rechnen.

 

In einem dritten Vortrag stellte Dipl.-Jur. Jasmin Dolling, LL.B., wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Bucerius Law School in Hamburg, die Frage „Kollektive Rechtswahrnehmung im Urheberrecht – braucht es eine ‚eSport-Verwertungsgesellschaft‘?“ Diese Frage stehe seit Jahren zur Diskussion und könnte durch die Gründung eines entsprechenden Verbands als eSport-Verwertungsgesellschaft (vgl. auch Hentsch MMR 2023, 28 ff.) zwar bald geklärt sein, nichtsdestotrotz sei jedoch weiterhin fraglich, ob eine derartige Regelung auch für die eSport-Branche sinnvoll sei. Um diesen Bereich zu erschließen, gab die Vortragende zunächst einen Überblick über die Urheberrechtslandschaft im eSport anhand verschiedener urheberrechtlicher Rechtsgrundlagen (etwa der Speichermedienabgabe bei Privatkopie (§ 53 UrhG) oder dem sog. „Kneipenrecht“ (§ 22 UrhG)) und kam zu dem Fazit, dass alle aufgeworfenen Lösungsvorschläge zur Vergütung von eSport-Wettkampfveranstaltern nicht optimal seien.

 

Der letzte Vortrag von Dipl.-Jur. Lina Marquard, LL.B., und Dipl.-Jur. Adrian Fischer, LL.M., beleuchtete unter dem Thema „Play hard, work hard – Arbeitsrecht im eSport als Fair Game?“ arbeitsrechtliche Besonderheiten sowie Anforderungen an den Jugendschutz im Bereich des eSports. Dabei untersuchten sie zunächst, ob eSport als „Arbeit“ zu qualifizieren sei und grenzten dies von der selbstständigen Tätigkeit ab. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten die rechtlichen Fragestellungen rund um den Jugendschutz, die sich vor allem stellen, wenn zum einen Minderjährige als „Arbeitnehmende“ im Bereich des eSports tätig werden und zum anderen das Publikum sich ebenfalls entsprechend verjüngt. Ob am Ende eSport daher für alle Beteiligten (und insbesondere für die vermeintlichen Arbeitnehmenden) als sog. „fair game“ einzuordnen sei, diskutierten die Vortragenden im Nachgang mit den Teilnehmenden der Tagung.

 

Zusammenfassend war die Kick-off-Veranstaltung des Kompetenzzentrums ein voller Erfolg und bewies deutlich, dass im Bereich des eSports nach wie vor viele rechtliche und gesellschaftspolitische Fragen bestehen, die es zu klären gilt. Durch die Vielfältigkeit des Tagungsprogramms konnte für die Teilnehmenden nicht nur ein geeigneter ersten Zugang zur Thematik bereitet, sondern auch eine Plattform für tiefgründige Diskussionen eröffnet werden. Anlass zur Vertiefung bieten dabei der voraussichtlich im Herbst 2023 erscheinende Tagungsband und die folgenden Ke§H-Veranstaltungen.

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