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Wirtschaftliche Folgen von Imageschäden stärker im Fokus

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

Neue Studienergebnisse: ESG-Verstöße als größte Bedrohung

 

Unternehmen werden sich zunehmend ihrer Reputationsrisiken und der potenziellen Kosten eines Imageschadens bewusst – nicht zuletzt durch die steigende Bedeutung von ESG-Pflichten (ESG – Environmental/Umwelt, Social/Soziales, Governance/verantwortungsvolle Unternehmensführung und -überwachung). Zugleich ist aber das Vertrauen in die eigenen Risikomanagementsysteme seit 2021 gesunken; es mangelt vielerorts an adäquaten Vorsorge- und Versicherungsmaßnahmen.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Die in 2021 erstmals und nun neu aufgelegte WTW-Studie (WTW = Makler und Risikoberater) zu Reputationsrisiken zeigt Handlungsbedarf auf. Dessen werden sich die Unternehmen zunehmend bewusst. Ein wesentlicher Treiber sind die ESG-Verpflichtungen. Denn mit dem wachsenden Anspruch, diese zu erfüllen, erkennen Organisationen zunehmend auch das finanzielle Risiko von Reputationsschäden. Insbesondere können nach der Einschätzung von Reiner Schwinger (Head of Central Europe bei WTW) Umweltverschmutzung, Diskriminierung oder Menschenrechtsverstöße einen schwerwiegenden Reputationsschaden nach sich ziehen.

Für 26% der Teilnehmer gehören Reputationsrisiken zu den Top-3-Risiken, bei der ersten Befragung 2021 galt dies nur für 18%. Mehr als die Hälfte (55%) zählt sie zu den Top-5-Risiken (2021: 65%). Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken sind drei der fünf wichtigsten Reputationsrisiken. Zu den restlichen größten Reputationsrisiken zählen Fehler im Umgang mit Kunden (35%) sowie die Bedrohung durch Attentäter (31%). Letzteres Risiko hat sogar um 11 Prozentpunkte zugenommen (2021: 20%). Nur 15% sehen ihren Ruf durch potenzielle Cyber-Attacken gefährdet.

Ansatzpunkte zur Problembewältigung ergeben sich durch die nähere Analyse der Studienergebnisse im Hinblick auf

  • die Rolle des Finanzcontrolling,
  • die Prüfung der Krisenresilienz und
  • die Einbindung der Führungsebene.

 

 

Lösung

(1) Rolle des Finanzcontrolling: Immer wichtiger wird es demzufolge auch, die tatsächlichen Kosten von Reputations- und ESG-Risiken zu berechnen. Finanzabteilungen nehmen daher eine größere Rolle im Reputation Management ein: Drei von fünf Befragten gaben an, dass ihr Financial Controlling jetzt im Krisenteam vertreten ist. Das entspricht einer Steigerung um fast 50% gegenüber 2021. Weiterhin verfügen 95% über ein spezielles Budget für Reputationsmaßnahmen.

(2) Höhere Bewertung der Krisenresistenz (Widerstandsfähigkeit): Trotz des hohen Bewusstseins für Rufschädigungen und deren Kosten haben Unternehmen ein schwindendes Vertrauen in ihr Risikomanagement: Nur 13% (2021: 23%) gaben an, dass ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Reputationsrisiken sehr gut ist. „Diese negative Selbsteinschätzung ist fatal, denn besonders der finanzielle Schaden kann existenzbedrohend sein“, so die WTW-Expertin Losing-Malota. „Unternehmen haben demnach noch viel Handlungsbedarf. Nur wer sein Risikoprofil kennt, kann entsprechende Maßnahmen ergreifen, um die Bedrohungen zu minimieren.“ Positiv zu bewerten ist aber, dass die Organisationen trotzdem versuchen, sich auf den Worst Case vorzubereiten: Mehr als 90% führen jährliche Übungen durch, um ihr Krisenmanagementteam zu testen, und 95% verfügen über vorgefertigte Pressevorlagen für die meisten Krisenszenarien.

(3) Verantwortung der Führungsebene: Obwohl ein Imageschaden fatale Folgen haben kann, ist das Management von Reputationsrisiken bei lediglich 14% (2021: 23%) der Unternehmen in den KPIs („Key Performance Indicators“ bzw. wesentliche Leistungskennzahlen) auf Vorstandsebene verankert. Zusätzlich tauschen sich nur 10% monatlich mit Stakeholdern (u.a. Investoren) über Reputationsfragen aus, verglichen mit 37% im Jahr 2021. Hier zeigt sich also deutliches Potenzial für gegensteuernde Maßnahmen. Reiner Schwinger, als Head of Central Europe bei WTW verantwortlich, appelliert: „Führungskräfte sollten mehr in Krisenmanagement und -bewältigung involviert sein und sich besonders mit ihrem Makler und den Versicherern transparent zur Risikolage ihres Unternehmens austauschen. Nur so lässt sich eine ausreichende Absicherung im Schadenfall garantieren.“

 

 

Praxishinweise:

  • In der Studie wurden 375 Führungskräfte und Risikoverantwortliche aus 20 Ländern befragt. Einzelheiten zu den am 16.1.2024 veröffentlichten Studienergebnissen sind unter https://www.wtwco.com/de-de/news/2023/11/unternehmen-betrachten-esg-verstoesse-als-groesste-bedrohung-fuer-ihr-image einsehbar.
  • Die zentrale Rolle des Treibers ESG-Verpflichtungen betont der WTW-Chef Reiner Schwinger so: ESG-Verstöße umweltorientierter, sozialer oder führungsbezogener Art „können einen schwerwiegenden Reputationsschaden nach sich ziehen, nicht nur in den Augen der Öffentlichkeit, sondern auch wichtiger Investoren oder Versicherer, die die Einhaltung von ESG-Kriterien vorschreiben. Unternehmen müssen sich dieser weitreichenden Folgen bewusst sein und sich ausreichend absichern“. Aus den vorstehend skizzierten drei Maßnahmenbereichen ist unmittelbar erkennbar, dass sich in das Finanz- und Risikomanagement einbezogene Bilanzbuchhalter und Controller angesprochen fühlen sollten.
  • Dass damit auch das Monitoring der ESG-Risiken zum Pflichtprogramm gehört, wurde vom Verfasser unter besonderer Betonung der Bankenanforderungen erst kürzlich im BC-Newsletter herausgearbeitet (mit Verweis auf ein Creditreform-Whitepaper als ESG-Praxisratgeber).

 

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

 

BC 3/2024

BC20240308

 

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