Dr. Hans-Jürgen Hillmer
Risikomanagement – wie können Risiken proaktiv erkannt werden? Dieser Frage ist Ali-Rabab Qureshi in seiner Masterarbeit und einer darin enthaltenen Case Study (Fallstudie) so erfolgreich nachgegangen, dass er dafür am 18.9.2021 mit dem „ICV Newcomer Award“ ausgezeichnet wurde. Dabei hat der Preisträger zwei Stränge ausgemacht, welche die erfolgreiche Implementierung eines Frühwarnsystems maßgeblich beeinflussen: das richtige Verständnis für geeignete Indikatoren und die Verankerung der Erkenntnis dafür in der Organisation.
Praxis-Info!
Hintergrund
Zu Fragen des Risikomanagements ist am 18.9.2021 der „ICV Newcomer Award“ verliehen worden. Ausgezeichnet wurde anlässlich der ICV Nord-Ost-Tagung am 17./18.9.2021 in Schwerin Ali-Rabab Qureshi für seine Masterarbeit. Gemeinsam mit Ralf Leitermann (Head of Risk and Internal Control bei der thyssenkrupp Steel Europe AG) stellte er seine Erkenntnisse und eine neue Methodik für Frühwarnsysteme vor. „Die Thesis ist weitaus mehr als nur eine wissenschaftliche Abhandlung über Frühwarnindikatoren, sie ist eine Quelle der Inspiration, die immer wieder neue Horizonte für deren Weiterentwicklung eröffnet“, sagte Leitermann über die Arbeit des Preisträgers. Bei der Präsentation erklärte Ralf Leitermann ergänzend zu den Ausführungen des Preisträgers die Risikostrategie von thyssenkrupp und schilderte, wie das Unternehmen erfolgreich mit Risiken umgeht.
Lösung
Mit seiner Masterarbeit „Developing an Early Warning System to Improve Proactive Risk Management in Non-Financial Companies“ ist Ali-Rabab Qureshi neben einer spannenden Mischung aus Theorie und Praxis die Entwicklung einer individuellen Methodik gelungen, die ein allgemeingültiges Vorgehen ablöst. Dabei hat der Preisträger in Kooperation mit Ralf Leitermann zwei Stränge ausgemacht, welche die erfolgreiche Implementierung eines Frühwarnsystems maßgeblich beeinflussen: das richtige Verständnis für geeignete Indikatoren und die Verankerung der Erkenntnis dafür in der Organisation. Der Award-Gewinner hat deshalb ein Modell entworfen, das die Frage beantwortet, ob eine Organisation für den Einsatz eines Frühwarnsystems bereit ist. Die wichtigsten Erkenntnisse und Schlüsselergebnisse des Preisträgers:
- Problem 1: Identifizierte Frühwarnindikatoren (FWI) sind nicht wirksam. Mit der nicht selten praktizierten Erhöhung der Anzahl der FWI kommt man nicht weiter. Häufig liegt der Grund für die Unwirksamkeit darin, dass kein gemeinsames Begriffsverständnis vorliegt. Oftmals dominiert in der Praxis die Betrachtung von Einzelrisiken. Tatsächlich wird das Geschehen aber von Risikoketten oder Risikonetzwerken bestimmt.
- Problem 2: Die FWI werden ignoriert; es erfolgt keine Reaktion. Hier liegt eine Trägheit der Organisation zugrunde. Gegensteuernd bedarf es geeigneter Anreize und Motivation: Kultur- und Gruppendenken ist zu überwinden. Ebenso ist die Wahrnehmung der Ressourcen-Knappheit wichtig. Es sind also entsprechend Zeit und Kapazitäten bereitzustellen.
- Ein die Probleme überwindendes leistungsfähiges Frühwarnsystem (FWS) verlangt danach, eine entsprechende Risikokultur zu implementieren und die Risikokommunikation zu stärken. Maßnahmen sind dezentral aufzuspüren und dann gesamtheitlich einzubetten.
- Bewährt hat sich eine Frühwarnsystem-Prozesskette: Risikoauswahl, Ursachenforschung, Aufbau Risikonetzwerk, Festlegung von Schwellenwerten, bei denen Einschreiten erforderlich ist, schließlich die Maßnahmen-Ableitung.
- Angewandt im Rahmen der Case Study bei der thyssenkrupp Steel Europe AG erfolgte eine Clusterung der Risiken, woraus sich fünf relevante Risikostränge ergaben.
- Empfehlungen für Bilanzbuchhalter und Controller:
1. Embrace the Change („Stellen Sie sich den Veränderungen“): Für Controller ist ein Bewusstseinswandel zum Business Partner erforderlich.
2. Konzentration auf Risiken mit hoher Auswirkung und Eintrittswahrscheinlichkeit ohne Scheu vor der Aufgabe von Bewährtem.
3. Sicherung der Managementunterstützung.
4. Involvierung kreativer Leute.
- Der zweite Platz ging an die Bachelorarbeit von Helen Denninger über die agile Gestaltung moderner Budgetierungssysteme (Betreuer Prof. Dr. Roman Stoi), dargestellt am Beispiel des Automobilzulieferers Magna PT B.V. & Co. KG. Den dritten Platz bekam eine von Niklas Werle verfasste Bachelorarbeit über den Einsatz von Shared Service Centern (SSC) als Effizienztreiber im Controlling, die in Kooperation mit dem Unternehmen Henkel unter der Betreuung von Prof. Dr. Marko Reimer entstanden ist.
- Alle Informationen zur ICV Nord-Ost-Tagung am 17./18.9.2021 in Schwerin, in deren Rahmen der ICV Newcomer Award verliehen wurde, finden Sie hier: www.icv-controlling.com/nord-ost-tagung.
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Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld
BC 10/2021
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