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Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte: Keine Vorbehaltsaufgabe!

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

Empfehlungen der Wirtschaftsverbände vom 13.9.2023

 

Da die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht bevorsteht, müssen ca. 15.000 Unternehmen künftig Nachhaltigkeitsberichte erstellen und von externen Stellen prüfen lassen. Mehrere gewichtige Wirtschaftsverbände fordern eindringlich, dass hierbei neben Wirtschaftsprüfern auch sog. technische Sachverständige und andere entsprechend qualifizierte Experten prüfungsberechtigt sein sollten.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Damit Nachhaltigkeitsberichte von Unternehmen künftig der Finanzberichterstattung gleichgestellt und von unabhängigen Stellen geprüft werden, muss zwar noch die Europäische Richtlinie für Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz: CSRD) in nationales Recht umgesetzt werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf dürfte aber in Kürze vorliegen. Zahlreiche Wirtschaftsverbände haben sich jetzt an das federführende Bundesjustizministerium (BMJ) sowie das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und das Finanzministerium (BMF) gewendet und laut Informationen vom 13.9.2023 einen offenen Markt für die bevorstehende verpflichtende Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte gefordert sowie vor Kapazitätsengpässen gewarnt. Die Forderungen unterstützen der TÜV-Verband e.V. als Vertreter der Prüforganisationen sowie die Wirtschaftsverbände

  • der Textilindustrie (Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie),
  • der Chemischen Industrie (VCI),
  • des Maschinen- und Anlagenbaus (VDMA),
  • der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) sowie
  • der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) und
  • die WirtschaftsVereinigung Metalle.

 


Lösung

Die Eindringlichkeit, mit der diese Fülle von Verbandsvertretern ihre Forderungen vorbringt, ist beeindruckend. Jetzt gehe es darum, die Vorgaben nach den Erfordernissen der rund 15.000 betroffenen Unternehmen in nationales Recht umzusetzen: „Neben Wirtschaftsprüfern sollten auch technische Sachverständige entsprechende Prüfungen von Nachhaltigkeitsberichten vornehmen dürfen“, sagt Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands. Die technischen Prüfunternehmen verfügten über langjährige Erfahrungen u.a. bei der Zertifizierung von Umweltmanagementsystemen, der Verifizierung des CO2-Fußabdrucks von Unternehmen oder von Lieferkettenaudits. Bühler reagiert hiermit darauf, dass dem Vernehmen nach die gesetzgeberische Tendenz bestehe, die Prüfungen von Nachhaltigkeitsberichten in Deutschland ausschließlich von Wirtschaftsprüfern durchführen zu lassen. Befürchtet werden bereits jetzt:

  • absehbare Kapazitätsengpässe bei den Prüfern,
  • höhere Kosten, die vor allem den Mittelstand belasten würden, und
  • die Gefahr minderwertiger Prüfungsergebnisse, wenn Personal oder technisches Know-how fehlt.

Deshalb appelliert der Verbandsgeschäftsführer: „Wir brauchen einen offenen Markt, der sich allein nach der Qualität, Fachexpertise und Unabhängigkeit der prüfenden Unternehmen richtet.“ Entsprechenden Alarm schlagen auch die Vertreter der oben genannten Wirtschaftszweige. So sagt Thilo Brodtmann in seiner Funktion als Hauptgeschäftsführer des VDMA: „Für die externe Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten benötigen wir ein möglichst breites Angebot qualifizierter Prüfdienstleister, die zu vertretbaren Kosten arbeiten.“ Das sei für mittelständische Unternehmen, die nicht über die finanziellen Ressourcen großer Konzerne verfügen, entscheidend. Nach den weiteren Hinweisen von Brodtmann sollte Deutschland Ländern wie Frankreich, Italien und Spanien folgen und neben Wirtschaftsprüfungsgesellschaften auch sonstige akkreditierte Prüfstellen zulassen, wie z.B. TÜV, Dekra, DQS und andere Organisationen. Zudem sollte es möglich sein, die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte mit der ISO-Auditierung zu verknüpfen.

Nach Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung, darf es keinen deutschen Sonderweg geben. Auch bei dieser EU-Richtlinie sei Einheitlichkeit bei der Umsetzung Trumpf. Anderenfalls drohe ein unübersichtlicher Flickenteppich und für deutsche Unternehmen eine Fülle von Nachteilen gegenüber Wettbewerbern aus dem europäischen Ausland. Durch die Einbindung unabhängiger Prüfungsdienstleister erhöhe sich die Verfügbarkeit, was für einen fairen Wettbewerb spreche.

Das sieht auch Berthold Welling, VCI-Geschäftsführer Recht und Steuern, Nachhaltigkeit, so. „Für die Umsetzung der künftigen Nachhaltigkeitsberichtspflichten ist es elementar, dass ausreichend Kapazitäten und entsprechendes Know-how auf Prüfungsseite bereitstehen.“ Insbesondere in der chemisch-pharmazeutischen Industrie sei aufgrund der komplexen Wertschöpfungsketten und der anspruchsvollen Vorgaben mit Blick auf den Klimaschutz und der zirkulären Wirtschaft eine hohe Fachexpertise der Auditoren erforderlich. Welling spricht sich für „einen vitalen Markt mit unterschiedlichen akkreditierten Playern“ aus. Umso mehr komme es darauf an, auch unabhängige Auditoren anzuerkennen, die oftmals langjährige Erfahrungen im Nachhaltigkeitsbereich vorweisen können. Hiervon würden insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen profitieren.

Aus Sicht der Wirtschaftsverbände ist es zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder ökonomisch noch fachlich sinnvoll, hoch qualifizierte Prüfdienstleister von der Nachhaltigkeitsberichterstattung auszuschließen. Nach den Vorgaben der CSRD sollten technische Prüfdienstleister von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkks) zugelassen werden. Voraussetzungen sind u.a. eine Eignungsprüfung, Qualitätssicherungssysteme und kontinuierliche Fortbildungen. Entscheidende Kriterien sind die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Anbieter. Akkreditierungsstellen nehmen die Aufsicht und Qualitätskontrolle der Prüforganisationen wahr und gewährleisten damit ein hohes Niveau der Prüfdienstleistungen.

 

 

Praxishinweise:
  • Weitere Infos zur Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten bietet der TÜV-Verband unter https://www.tuev-verband.de/positionspapiere/pruefung-von-nachhaltigkeitsberichten an. Dort näher ausgeführte Kernforderungen sind:

    – Kapazitätsengpässe vermeiden,

    – Prüfungsmarkt öffnen und Marktkonzentration verhindern,

    – vorhandene Kompetenzen und Kapazitäten nutzen,

    – Akkreditierung als bevorzugtes Mittel zum Nachweis der fachlichen Kompetenz anwenden.

  • Erst kürzlich wurde im BC-Newsletter über die Versuche des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) und der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) berichtet, die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte als Vorbehaltsaufgabe zu bestimmen (siehe hier). Nach wie vor gilt aber: Selbstständigen Bilanzbuchhalterinnen und Bilanzbuchhaltern eröffnet sich ein äußerst attraktives Beratungsfeld, indem sie KMU-Kunden zeigen, wie sie nachhaltigkeitsbezogene Informationen identifizieren und sammeln sowie ESG-Risiken (Environmental/Umwelt, Social/Soziales, Governance/verantwortungsvolle Unternehmensführung und -überwachung) managen können. Und wer das schafft, sollte mutig sein und auch im Hinblick auf die zweifellos nicht geringen Anforderungen in ggf. zu durchlaufenden Akkreditierungsstellen für Prüfungsberechtigte bestehen können! Perikles wusste schon vor rund 2.500 Jahren: „Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit –- und das Geheimnis der Freiheit ist der Mut.“


Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

BC 10/2023

BC20231011

 

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