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Adressatengerechte Kommunikation in Krisenzeiten

Daniel Emmrich

Zielgruppen: Belegschaft und Lieferanten

 

Krisen sind geprägt von Unsicherheit, Misstrauen und mangelnder Transparenz. Deshalb muss in Krisenzeiten eine klare, professionelle und transparente Kommunikation etabliert werden. Diese ist je nach Zielgruppe differenziert auszugestalten. Nachfolgend wird auf die dann greifbare Erzielung von Sanierungsbeiträgen der Lieferanten und der Belegschaft eingegangen.

 


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Im BC-Newsletter vom 17.7.2025 wurde bereits darauf hingewiesen, dass in Krisenkonstellationen mit einer eindimensionalen Kommunikation die spezifischen Anforderungen verschiedener Adressatengruppen nicht erfüllt werden können. Wie nach den in der Restrukturierungsberatung gesammelten Erfahrungen zu differenzieren ist, wurde für die Zielgruppen Geschäftsleitung, Gesellschafter und Investoren erläutert. Nachfolgend stehen nun Lieferanten einerseits sowie Arbeitnehmer, Betriebsrat und Gewerkschaft andererseits im Fokus (als weitere Zielgruppen sollen später gesondert Fremdkapitalgeber und die Kreditversicherer betrachtet werden).

 

 

Lösung

 

1. Interessenausgleich

Um während des Sanierungsprozesses einen tragfähigen Interessensausgleich zwischen den Interessengruppen (Stakeholdern, z.B. Kapitalgeber, Kreditinstitute, Kunden, Lieferanten, Beschäftigte usw.) aufzubauen, ist es essenziell, die Interessen der Stakeholder zu kennen und differenziert zu bewerten. Die Kommunikation muss dieser Grundsituation Rechnung tragen, ohne dass dabei Transparenz und Konsistenz (Widerspruchsfreiheit) verlorengeht.

 

 

 

Abb.: Stakeholdergruppen und deren Interessen im Überblick

 

Um eine zielgerichtete Kommunikation zu den Stakeholder-Gruppen aufbauen zu können, ist eine Einordnung der verschiedenen Gruppen hinsichtlich Betroffenheit, Einfluss, Informationsbedürfnisse und Partikularinteressen von entscheidender Bedeutung.

 

 

2. Einzelbetrachtungen

 

2.1 Lieferanten

Bei den Lieferanten gibt es zwei Möglichkeiten der Betroffenheit:

  • Einerseits sind diese meist Gläubiger aus bestehenden Lieferforderungen und haben im Falle einer Restrukturierung ein direktes Risiko, das ggf. bis zum Verlust der Forderung führen kann.
  • Andererseits werden im Rahmen einer Restrukturierung häufig langjährige Lieferbeziehungen auf eine harte Probe gestellt. Beides führt zu einer großen, bisweilen sogar existenziellen Betroffenheit des Lieferanten.

Für das Unternehmen in der Krise stehen eine eingespielte Lieferkette und die Versorgungssicherheit auf dem Spiel. Deshalb ergibt sich ein beidseitiges und gegenseitiges Informationsbedürfnis. In der akuten Krise ist die Mitwirkung oder ein Sanierungsbeitrag von Lieferanten, z.B. durch Stundung von Lieferforderungen, ein bedeutender Beitrag in der Sanierung. Ein solcher ist aber meist nur möglich, wenn für entsprechende Transparenz gegenüber den Lieferanten geschaffen und so dem Einfluss der Lieferanten Rechnung getragen wird.

 

 

Empfehlung:

Infolge des enormen Einflusses der Lieferanten muss bei der Sanierung eine konsequente und zielorientierte Kommunikation mit den Schlüssellieferanten aufgebaut und so dem beidseitigen Interesse an einer Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung Rechnung getragen werden.

 

2.2 Arbeitnehmer, Betriebsrat und Gewerkschaft

Die Mitarbeitende (wie ggf. auch die im Krisenunternehmen tätigen Bilanzbuchhalter und Controller) weisen eine sehr hohe Betroffenheit auf, schließlich geht es um deren berufliche Zukunft und in vielen Fällen auch um die Existenz. Sie sind deshalb in vielen Fällen durchaus bereit, Sanierungsbeiträge in Form von (temporären) Einkommensverzichten zu leisten und sowohl den Bestand des Unternehmens als auch den Erhalt ihrer Arbeitsplätze zu unterstützen.

Mitarbeitende kennen die operativen Krisenursachen im Unternehmen meist aus der täglichen Arbeit und sind deshalb auch eine gute Informationsquelle für Sanierungsberater und CROs (Chief Restructuring Officers – Interimsmanager). Sie haben deshalb ein entsprechendes Bedürfnis, über die Situation informiert und in die Entscheidungsfindung zu Restrukturierungsmaßnahmen eingebunden zu werden. Dieses Informationsbedürfnis muss möglichst frühzeitig ernst genommen und erfüllt werden.

Die Mitarbeitenden machen ihren Einfluss in den meisten Fällen über Betriebsräte und Gewerkschaften geltend und verfügen über diese Bündelung über eine entsprechende Verhandlungsmacht.

 

 

Empfehlung:

Nur mit einem klaren und erfolgversprechenden Sanierungskonzept können gemeinsam kritische Sanierungsbeiträge erreicht und Schlüsselmitarbeiter gehalten werden.

 

 

Die Kommunikation mit den Mitarbeitenden erfordert im direkten Kontakt einen vertrauensvollen Austausch und andererseits eine laufende Kommunikation. Darüber hinaus muss diese Kommunikationsschiene durch einen regelmäßigen und formal gut organisierten Informationsfluss unterstützt werden. Insbesondere mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaften ist aufgrund deren gut geschulter Vertreter eine fundierte und faktenbasierte Kommunikation unerlässlich.

 

 

Praxishinweise:

  • Die Fähigkeit zur professionellen Kommunikationsführung ist eine der Kernkompetenzen des Restrukturierungs-/Sanierungsberaters. Diese sind in der differenzierten Kommunikation mit den Mitarbeitenden besonders gefordert, wenn es hier Informationsasymmetrien gibt. Hier ist es häufig entscheidend, die „Meinungsmacher“ in der Belegschaft zu kennen und diese proaktiv mit entsprechenden Informationen zu versorgen bzw. diese in die Entwicklung des Sanierungskonzepts einzubauen. Eine besondere Herausforderung bilden in diesem Zusammenhang häufig die Betriebsräte, die immer wieder ein gewisses „Eigenleben“ haben und nicht selten auch Eigeninteressen verfolgen.
  • Im Hinblick auf die Lieferanten ist besonders wichtig, dass diese im Zuge eines Sanierungsverfahrens zu Gläubigern werden. Auch diese Beziehungen sind potenziell belastet und bedürfen insbesondere in Bezug auf Schlüssellieferanten einer besonderen Bearbeitung unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung. Darüber hinaus spielen in die Lieferantenbeziehungen die dahinterstehenden Kreditversicherer hinein, zu welchen das Unternehmen keine eigene Geschäftsbeziehung unterhält und mit denen eine Kommunikation mangels Informationen über deren Engagement erschwert ist.
  • Die Besonderheiten der Kommunikation mit den Kreditversicherern sollen in einem weiteren Beitrag aufgearbeitet werden, in dem auch die Interessenlage der Fremdkapitalgeber vertieft behandelt werden soll.

 

 

Daniel Emmrich, bei der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH in München als Partner für Restrukturierung & Sanierung tätig.

 

 

BC 9/2025

BC20250910

 

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