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Kreditzusagen werden zunehmend an ESG-Angaben gekoppelt

Eva Ringelspacher und Daniel Emmrich

W&P-Bankenumfrage vom 4.5.2023

 

Realität und Erwartungshaltung an ESG (Environmental/Umwelt, Social/Soziales, Governance/verantwortungsvolle Unternehmensführung und -überwachung) und Cyber Security (Computer-Sicherheit) in einem Sanierungskonzept klaffen zwischen Unternehmen und Banken weit auseinander. Dies zeigt eine Banken-Umfrage der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH (W&P). Die Missverhältnisse bergen erhebliche Risiken mit negativen Auswirkungen bis hin zur Ablehnung neuer Finanzierungsanfragen.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Während einerseits in den Unternehmen ESG aktuell weder in erläuternder Form noch in den Financials von Sanierungskonzepten priorisiert wird, erwarten 57% der befragten Banken künftig die verbale Beschreibung von Risiken, ihre Abbildung in der Planung sowie die Definition konkreter ESG-Maßnahmen. Die Gefährdung einer positiven Sanierungsaussage bei Nichtberücksichtigung von ESG-Aspekten steigt demnach rasant: Etwa die Hälfte stuft diesen Fall als kritisch ein.

Parallel wird das Risiko, dass sich durch Stapelkrisen ein deutlicher, ggf. nicht finanzierbarer Investitionsstau gebildet hat, erkannt. Aus Sicht der Banken kommen laut den Befragten höhere Risiken auf die Unternehmen zu: Insbesondere Umsatzentwicklung, Finanzierungsfähigkeit und Kostenstruktur werden genannt.

 

 

Lösung

In Auswertung der Antworten im Rahmen unserer  Befragung stellten wir zunächst fest, dass ESG in der bisherigen Sanierungspraxis deutlich unterrepräsentiert ist (vgl. Tabelle). In den Financials eines Sanierungskonzepts ist auffällig, das auch hier ESG-spezifische Risikopositionen mehrheitlich nicht berücksichtigt werden. In den wenigen Fällen, in denen man „ESG-Risikospuren“ in den Financials findet, wird diesen in den sonstigen betrieblichen Aufwendungen oder dem Umsatz Rechnung getragen – nur vereinzelt im Bereich der Investitionen. In Finanzierungskosten, Rückstellungen oder Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten werden diese selten berücksichtigt.

In unserer Studie wurden den Sanierungsbankern u.a. sechs Fragen wie folgt vorgelegt. Dabei konnten die Befragten in 5 Stufen zwischen eins (= sehr niedrig) und 5 (= sehr hoch) antworten:

(1) Welchen Stellenwert haben ESG-Aspekte aktuell in einem Sanierungskonzept?

(2) Wie wird ein ESG-Risiko aktuell in der Sanierungsplanung als Risikoposition berücksichtigt?

(3) In welchem Umfang wird auf mögliche ESG-Risiken aktuell im Sanierungskonzept hingewiesen?

(4) Sind aktuell in Sanierungskonzepten konkrete Maßnahmen zur Erfüllung von ESG-Kriterien enthalten?

(5) Wie hoch ist Ihre Bereitschaft, ESG-Maßnahmen als Teil der Sanierungsmaßnahmen zu finanzieren?

(6) Welche Priorität haben ESG-Maßnahmen im Rahmen des Sanierungsprozesses für Sie?

In der Tabelle ist dargestellt, welche Antworten im Durchschnitt gegeben wurden.

 

 

Antworten auf die Berücksichtigung von ESG-Kriterien
Frage Kriterium Durchschnitt (von 1 bis 5)
1 Stellenwert aktuell 2,43
2 ESG als Risikoposition berücksichtigt 2,14
3 Verweis auf ESG-Risiken im Sanierungskonzept 2,11
4 Konkrete ESG-Maßnahmen enthalten 1,72
5 Bereitschaft zur ESG-Finanzierung 2,59
6 ESG-Priorität im Sanierungsprozess 2,86

 

 

Banken priorisieren aktuell ESG-Maßnahmen deutlich höher als Unternehmen/Berater. Konkrete ESG-Maßnahmen sollten also künftig in Sanierungskonzepten enthalten sein, um deren Erwartungshaltung zu erfüllen. Eine reine Nennung und Bewertung von Risiken ist hier nicht ausreichend. Banken sind – als Folge der Priorisierung – auch bereit, im Rahmen des Sanierungsprozesses konkrete ESG-Maßnahmen zu finanzieren. Die Bereitschaft ist allerdings „normal“ ausgeprägt; demnach werden hier ESG-Maßnahmen keine Sonderrolle zugeschrieben.

Bei der Frage nach der „Sanierungsfähigkeit“ scheiden sich die Geister: Während 61% die Meinung vertreten, dass ein Unternehmen auch ohne Berücksichtigung von ESG-Aspekten sanierungsfähig ist, sehen das 39% anders. Hier scheint es Konfliktpotential in Finanziererkreisen zu geben.

Zusammenfassend ist die verbale Würdigung wichtig, aber nicht mehr ausreichend, Risiken sollten in der Planung mit „hoher Relevanz“ abgebildet sein. Konkrete Maßnahmen sollten Bestandteil des Konzepts sein. Ein separates ESG-Rating hat aber (noch) nicht oberste Priorität im Konzept. Ein Nachweis zum Investitions-Stau nimmt an Bedeutung deutlich zu.

 

 

Praxishinweise:

  • Das Thema „ESG“ gewinnt auch im Reporting zunehmend an Bedeutung. Dies wurde insbesondere deutlich bei Fragen, die nicht an Sanierungsbanker gestellt wurden, sondern an Mitarbeitende in den Kreditabteilungen.
  • Ähnlich stufen Banken den Stellenwert von Cyber Security ein, der ebenfalls abgefragt wurde:  Da es sich um eine reale und konstante Bedrohung handle, gaben 75% der Befragten an, dass ein Sanierungskonzept künftig konkrete Maßnahmen zur Risikoreduzierung enthalten muss – hinsichtlich der Finanzierung sind die Banken auch überwiegend (73%) gewillt, diese zu übernehmen.  Wenn dennoch Cyber Security im Rahmen der Kreditvergabe eine untergeordnete Priorität erfährt, so liegt das daran, dass die Cyber Security aus der Marktperspektive als „versicherbares Risiko“ betrachtet wird. Folgerichtig wird es bei der Kreditvergabe nicht priorisiert, die Dokumentationsanforderungen sind eher gering (mehr zur Studie siehe unter https://www.wieselhuber.de/ESG_Cyber_Security). 

 

Eva Ringelspacher, Mitglied der Geschäftsleitung der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH

Daniel Emmrich, Partner für operative Restrukturierung bei der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH

 

 

 

BC 6/2023

BC2023608

 

 

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