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Monitoring der ESG-Risiken

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

Creditreform-Whitepaper als ESG-Praxisratgeber

 

Das Nachhaltigkeitsstreben wird zunehmend zum Leitbild für die Formulierung des strategischen Handlungsbedarfs – dieser schon in 2023 deutlich sichtbare Trend dürfte sich in 2024 fortsetzen. Dem Finanzsektor kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu: Banken sind regulatorisch verpflichtet, Finanzströme in nachhaltige Geschäftsmodelle der Firmenkunden zu lenken. Umso wichtiger ist bankenseitig die Überprüfung, inwieweit das zu analysierende Unternehmen insoweit bereits gut aufgestellt ist. Und andererseits müssen Firmenkunden ohne entsprechende Orientierung in Kreditgesprächen mit Nachteilen bis hin zur Ablehnung von Kreditanfragen rechnen.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Bei den früher in Kreditgesprächen von Unternehmen mit Banken, Investoren oder Finanzdienstleistern im Vordergrund stehenden finanziellen Risiken wurde hinsichtlich der Tragfähigkeit des Geschäftsmodells gefragt, wie hoch Umsätze und Ertrag sind, welche Kostenfaktoren wirken und wie gut, insgesamt gesehen, die Bilanz ist. Schon seit einigen Jahren werden zumindest ergänzend auch die sog. ESG-Aspekte abgefragt, die für Umweltorientierung (Environment) und Soziales (Social) sowie gute Unternehmensführung (Governance) stehen.

Ursächlich ist insbesondere auch, dass immer mehr Vorschriften der deutschen Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) wie auch der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) die Geldgeber dazu verpflichten, ESG-Risiken in ihrer Geschäftspolitik zu berücksichtigen. Dass dies zumindest auf den zweiten Blick mit weitreichenden Konsequenzen für den Mittelstand verbunden ist, wird in einer am 3.1.2024 veröffentlichten Creditreform-Analyse wie folgt herausgearbeitet: Während die EU große Unternehmen ohnehin dazu verpflichtet hat, ESG-Risiken in ihren nichtfinanziellen Berichten offenzulegen, nimmt das Gesetz kleinere Unternehmen bislang noch davon aus. Jedoch gelten die Regeln der BaFin und der EBA bereits für alle Kreditgeschäfte, also auch für solche mit Geschäftskunden, die keine Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen müssen. Auch sie werden von ihren Banken zunehmend nach ESG-Risiken gefragt werden. Diese ESG-Risiken sind aber im Unterschied zu aus dem Zahlenwerk relativ eindeutig ablesbaren Finanzrisiken selten klar und eindeutig erkennbar.

 

 

Lösung

Die Bandbreite innerhalb der drei Kategorien der Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken ist enorm groß. Branchenspezifische Unterschiede und regionale Besonderheiten treten hinzu. Beispielsweise liegt der Fokus in Europa stark auf Umweltrisiken, in den USA hingegen auch auf sozialen Kriterien wie Diversität.

In dem im Creditreform-Magazin vom 3.1.2024 veröffentlichten Beitrag wird deshalb ein Whitepaper unter https://www.creditreform.de/aktuelles-wissen/praxisratgeber/esg-risiken zum Download angeboten, das als ESG-Praxisratgeber Informationen dazu vermittelt,

  • wie Unternehmen ESG-Anforderungen erfolgreich bewältigen,
  • welches die wichtigsten Richtlinien sind,
  • mit welchen Tipps Unternehmen den ESG-Herausforderungen begegnen können.

Hinsichtlich der Risiken vermittelt die Tabelle einen kurzen Einblick in die drei grundlegenden Risikokategorien.

 

 

Tabelle: ESG-Risikokategorien
Umweltrisiken Hier steht der Klimawandel mit all seinen Folgen ganz oben. Aus der Veränderung von Klima und Umweltbedingungen wie auch den Anstrengungen zur Dekarbonisierung (Umstieg von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energiequellen) ergeben sich neue Risiken für Unternehmen. Hinzu kommt, dass physische Risiken (Stürme, Starkregen, Überschwemmungen) immer größere Schäden anrichten.  Um den Klimawandel zu verlangsamen, müssen Wirtschaft und Gesellschaft sich verändern. Auch mit dieser Transformation gehen Risiken für Unternehmen einher – sog. Transitionsrisiken.
 
Sozial-Risiken Die soziale Nachhaltigkeit gewinnt rasant an Bedeutung. Ein Treiber ist u.a. das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das Unternehmen dazu bringt, sich intensiver mit sozialen Fragestellungen zu beschäftigen. Ebenso forciert das Problem des Fachkräftemangels, dass Unternehmen stärker auf faire Arbeitsbedingungen, Diversität, Aus- und Weiterbildung sowie Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz achten und darüber berichten.
 
Governance-Risiken Diese beziehen sich auf eine verantwortungsvolle Unternehmensführung. Die damit verbundenen Risiken sind für Firmen nicht neu und teilweise auch schon vom Risikomanagement abgedeckt, etwa Steuerehrlichkeit oder Maßnahmen zur Verhinderung von Korruption. Zu weiteren Themen macht die Politik vermehrt Vorgaben, beispielsweise zur Gewährleistung des Datenschutzes durch die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) oder zur Ermöglichung von Whistleblowing durch das Hinweisgeberschutzgesetz.
 

 

 

Für die Kreditgeber ist folglich bei der Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien in der Kreditanalyse eine entsprechende Risikoabwägung unverzichtbar; denn nach EU-Vorgaben sollen Banken die Finanzströme in nachhaltige Geschäftsmodelle lenken. Erforderlich ist ein Monitoring des Transformationsprozesses von Unternehmen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit.

Wer nun als verantwortlicher Finanzmanager im Unternehmen um die Anstrengungen der Risikoerkennung aufseiten der Kapitalgeber (neben Banken ebenso andere wie Investoren, aber auch Lieferanten) weiß, würde grob fahrlässig handeln, wenn er beispielsweise ohne entsprechende Vorbereitung in ein Kreditgespräch gehen würde; hier drohen sogar Haftungsgefahren. Was also sollten die Unternehmen tun, um in einem solchen Monitoring bestehen zu können? Sie können bzw. müssen liefern – und zwar entsprechende aussagefähige Nachhaltigkeitsberichte! Hierfür können sich die Firmen durch die Formulierung einer ESG-Strategie eine gute Basis schaffen und dann mittels deren zertifikatsbasierter Kommunikation nach innen und außen Vorteile sichern.

In diesem Zusammenhang wird auch seitens der Verfasser des oben behandelten Creditreform-Whitepapers betont, dass der Umgang mit ESG-Risiken insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen nicht einfach ist: Sie haben oft nur sehr begrenzte personelle und finanzielle Ressourcen, um ESG-Risiken zu identifizieren, mögliche Folgen abzuwägen und Schutzmechanismen zu etablieren. Hinzu kommt, dass sich viele kleine Unternehmen bislang nur eher mittelbar betroffen sehen. Klar ist aber auch: Wer das Thema „Nachhaltigkeit“ aufschiebt, läuft Gefahr, den Anschluss zu verlieren.

Als Minimum in Sachen ESG-Risikomanagement mahnen die Creditreform-Experten daher die Entwicklung der ESG-Strategie an: Elektroautos im Fuhrpark, LED-Leuchten im Büro und ein Ökostromvertrag seien zweifellos gute und wirksame Schritte, um die Nachhaltigkeit eines Unternehmens zu steigern. Aber sie bleiben Einzelmaßnahmen, wenn sie nicht in eine umfassendere Nachhaltigkeitsstrategie eingebettet sind. Mit einer solchen Strategie geben sich Unternehmen einen Kompass, um Nachhaltigkeitsrisiken erfolgreich zu managen.

 

 

Praxishinweise:

  • Für im Finanzmanagement verantwortliche Bilanzbuchhalter und Controller besonders wichtig ist, dass der vorstehende Zusammenhang eben nicht mittels Öko-Brille und erhobenem Zeigefinger „grüngefärbt“ aufgedeckt wurde, sondern auf vertrautem Gelände mittels bewährter Denkweisen: Die zukunftsgewandte Analyse der Finanzströme selbst erbringt das Ergebnis, dass eine ESG-Strategie erforderlich ist, um die Bereitstellung der für die weitere Geschäftsentwicklung notwendigen Finanzmittel zu günstigen Konditionen zu sichern.
  • Das belegt auch ein am 4.1.2024 unter www.ksidigital.de veröffentlichter Studienbericht zur Berücksichtigung von ESG-Faktoren in Kreditentscheidungen deutscher Banken (vgl. Schröder/Verhofen/Barutzky, Nachhaltigkeitskriterien in der Kreditanalyse, KSI 2024, 34 ff., Heft 1): Neben übergeordneten Maßnahmen, wie z.B. Ausschlusskriterien für Finanzierungen, finden auf Ebene der Einzelengagements zumeist Scoring-Verfahren (Punktwert-Verfahren) Anwendung. Deren Ergebnisse sind zwar noch überwiegend subjektive Einschätzungen, haben den Fokus auf Klimarisiken und fließen als separates Kriterium zur Bonitätseinschätzung in die Kreditentscheidung mit ein. Für die künftige Bewertung der ESG-Risiken eines Kreditnehmers werden Banken aber sicher – übrigens auch vor dem Hintergrund der Akzeptanz durch die eigenen Mitarbeitenden – insbesondere an der Verbesserung von Methodik, Operationalisierung und Datenverfügbarkeit arbeiten. Und wie wir deutsche Banken kennen, werden sie sich nicht scheuen, die Verbesserungen auf dem eigenen Analyse-Terrain in verschärfte Anforderungen im Rahmen der Kreditgewährung weiterzugeben.
  • Die beste ESG-Strategie hilft aber nicht, wenn sie keiner kennt. Darum sollten Unternehmen gegenüber ihren Stakeholdern (insbesondere Eigen- und Fremdkapitalgeber, Mitarbeitende, Kunden und Lieferanten sowie Anwohner) insgesamt intensiv kommunizieren, wie sie mit ESG-Risiken umgehen und wo sie bereits Erfolge vorweisen können. Nachweise von Dritten (wie etwa das Nachhaltigkeitszertifikat EcoZert von Creditreform oder das AGA-Nachhaltigkeitssiegel, vgl. dazu Bericht über eine BVBC-AK-Sitzung vom 5.9.2023 helfen dabei, Nachhaltigkeit transparent und glaubwürdig zu kommunizieren.
  • Dass Letzteres auch bedeutet, im Rahmen einer Wesentlichkeitsanalyse vor Datenfriedhöfen zu schützen und dafür zu sorgen, dass in der Berichterstattung nur die wirklich relevanten Informationen verankert werden, ist ein wesentliches Ergebnis einer BVBC-AK-Sitzung vom 8.12.2023 in Saarbrücken (mehr dazu hier). Auch dort wurde betont, dass KMU über kurz oder lang in die Verpflichtungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung einbezogen werden – wenn nicht direkt, dann indirekt über Anforderungen, die insbesondere Kreditgeber und Lieferanten, aber auch Mitarbeitende und Bewerber sowie sonstige Stakeholder an das Unternehmen stellen.

 

    Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

     

     

    BC 2/2024 

    BC20240205

     

     

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