Der BGH hat ein Urteil des LG Landau in der Pfalz aufgehoben. Es hatte einen Jugendlichen wegen eines Notwehrexzesses vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen, der einen 17-Jährigen nach einer Konfrontation erstochen hatte. Der BGH rügte vor allem die unzureichende Prüfung der "panischen Angst" des angeklagten Jugendlichen zum Tatzeitpunkt, an der er aus mehreren Gründen Zweifel hatte (Urteil vom 13.02.2025 – 4 StR 327/24).
Bei einer Feier an einer Grillhütte war es zu einer Auseinandersetzung gekommen. Auf die Frage nach seinem Namen hielt der spätere Angeklagte seinem Gegenüber provozierend die Faust ins Gesicht und nahm ihn auf die Frage, ob er "Stress wolle", in den Schwitzkasten. Dieser wohl alkoholbedingte Angriff konnte erst durch ein Dazwischentreten der Umstehenden aufgelöst werden. Der mutmaßliche Täter erlitt dabei ein Schädel-Hirn-Trauma und verlor sein Handy, das – so das Gericht – "für ihn sehr wichtig" gewesen sei.
"Laut und fordernd"
Wenige Stunden später fuhr er zur Grillhütte zurück; dort traf er auf einem Feldweg auf seinen vorherigen Gegner und mehrere Begleiter. Er stieg aus dem Auto aus und bewaffnete sich mit einem großen Klappmesser, um (womöglich "laut und fordernd“) nach seinem Telefon zu fragen. Bei der anschließenden Konfrontation versetzte ihm das Opfer eine wuchtige Ohrfeige oder einen heftigen Faustschlag ins Gesicht, wodurch der Angeklagte seine Brille verlor.
Unmittelbar danach stach der spätere Angeklagte seinem Kontrahenten dermaßen wuchtig in den Brustkorb, so die pfälzische Jugendkammer, dass der noch vor Ort seinen Verletzungen erlag. Das LG sah in der vermeintlichen Angstreaktion einen entschuldigenden Notwehrexzess (§ 33 StGB) und sprach den jungen Mann vom Vorwurf des Totschlags frei. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft und einer Nebenklägerin verwies die 4. Strafkammer die Sache nun zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
Landrichter zu gutgläubig
Gerade im Hinblick auf die ausschlaggebende "panische Angst" hat das LG den obersten Strafrichtern zufolge wesentliche Beweisergebnisse nicht berücksichtigt. "Die Einlassung eines Angeklagten, für die es keine Beweise gibt, kann aber nicht ohne weiteres zur Grundlage von Feststellungen gemacht werden", heißt es in dem Karlsruher Urteil.
Auch habe die Vorinstanz wesentliche Beweisergebnisse nicht berücksichtigt. So dränge sich auf, dass die vermeintliche Panikreaktion "durch Wut und Verärgerung beeinflusst oder gar dominiert" worden sei. Auch habe sich der Messerstecher durch Alkoholkonsum in einem aggressiven Zustand befunden; er habe "voll Bock auf Stress gehabt" und das ihm körperlich unterlegene Opfer tatsächlich im Wesentlichen attackiert, weil er betrunken gewesen sei. Daher habe auch ein Sachverständiger das Motiv nicht in "erheblich ängstlich-vermeidenden" Persönlichkeitszügen gesehen.
Schließlich habe der Angeklagte lange nach der ursprünglichen Auseinandersetzung unbedrängt das ihn schützende Auto verlassen, nachdem er sich vorher bewaffnet hatte. "Die von ihm anschließend dominant geführte Kommunikation mit dem Geschädigten und seine
an ihn gerichtete Frage, "was jetzt los sei", sprachen nicht für ängstlich vermeidendes Verhalten und damit eine handlungsleitende Furcht", heißt es vom BGH. Ein letztes Argument des Senats gegen ein Panikverhalten: Nach dem Messerstich sei der Freigesprochene nochmal zurückgekommen, um seine Brille zu suchen.