Vier Anführer von Hongkongs "Regenschirm-Bewegung" zu Haft verurteilt

Viereinhalb Jahre nach der "Regenschirm-Bewegung" für mehr Demokratie in Hongkong sind prominente Anführer der Proteste zu Haftstrafen von bis zu 16 Monaten verurteilt worden. Ein Hongkonger Gericht hatte neun Protestführer, darunter Abgeordnete, renommierte Akademiker und Studentenführer, bereits vor zwei Wochen der Anstiftung oder Verschwörung zur Störung der öffentlichen Ordnung schuldig gesprochen. Am 24.04.2019 folgte das Strafmaß.

Haftstrafen für prominente Aktivisten

Der Juradozent Benny Tai und der Sozialwissenschaftler Chan Kin-Man müssen demnach für 16 Monate ins Gefängnis. Der Abgeordnete Shiu Ka-chun sowie Raphael Wong, Mitglied der prodemokratischen Liga der Sozialdemokraten, erhielten achtmonatige Haftstrafen. Andere Aktivisten wurden zu Sozialstunden oder Bewährungsstrafen verurteilt. In seinem Urteil sagte der Richter Johnny Chan, dass keiner der Anführer Bedauern über seine Rolle bei der Führung der Proteste gezeigt habe.

Mehrere Bewährungsstrafen

Bewährungsstrafen erhielten der Baptistenpfarrer Chu Yiu-Ming, die Abgeordnete Tanya Chan, der frühere Parlamentarier Lee Wing-tat sowie der Studentenführer Eason Chung. Der Studentenführer Tommy Cheung soll 200 Sozialstunden ableisten. Wegen einer schweren Erkrankung wurde die Verkündung des Strafmaßes für die Abgeordnete Tanya Chan verschoben.

Anführer erst nach Wahl neuer Peking-treuer Regierungschefin angeklagt

Die Strafverfolgung der Anführer der Bewegung begann erst mit deutlicher Verspätung. Nur einen Tag, nachdem ein Peking-treues Wahlkomitee die neue Regierungschefin Carrie Lam im März 2017 ausgesucht hatte, war Anklage erhoben worden. Die Demonstranten hatten sich besonders an diesem Auswahlprozess gestoßen, der zur Wahl der Regierungschefin führte. Gefordert wurde stattdessen, dass alle Hongkonger sich an der Wahl beteiligen dürfen.

Weitere Hongkonger Aktivisten bereits früher vor Gericht gestellt

Andere Hongkonger Aktivisten waren bereits früher für ihre Rolle in den Protesten vor Gericht gelandet, darunter Joshua Wong, der eines der wichtigsten Gesichter der Demokratie-Bewegung ist. 2018 hob ein Gericht die Haftstrafen gegen den jungen Aktivisten und zwei seiner Mitstreiter wieder auf, nachdem sie wegen ihrer Beteiligung an den Massenprotesten zunächst verurteilt worden waren. "Früher hatte sich keiner von uns vorstellen können, dass wir möglicherweise für mehr als ein Jahr inhaftiert würden, aber jetzt kann man sich nicht mehr sicher sein", sagte Wong als Reaktion auf die Entscheidung des Gerichts am 24.04.2019.

Human Rights Watch kritisiert Entscheidung

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) kritisierte am 24.04.2019 die Entscheidung des Gerichts. Die Haftstrafen seien eine "abschreckende Warnung an alle, dass es Konsequenzen hat, sich für die Befürwortung der Demokratie einzusetzen", sagte Maya Wang von HRW. Die Verurteilten hätten nichts anderes gemacht, als friedlich Druck auf die Regierung auszuüben. Die prodemokratische Bewegung hatte 2014 Teile der sieben Millionen Einwohner zählenden asiatischen Wirtschafts- und Finanzmetropole wochenlang lahmgelegt.

Seit Protesten im privilegierten Hongkong schärferes Regime Chinas

Seit seiner Rückgabe 1997 an China wird Hongkong nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" autonom als eigenes Territorium regiert. Anders als die Menschen in der Volksrepublik China genießen die sieben Millionen Hongkonger vergleichsweise noch weitgehende Rechte wie Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, obwohl die Metropole unter Chinas Souveränität steht. Als Reaktion auf die Proteste hat die kommunistische Führung in Peking die Zügel in den vergangenen Jahren jedoch immer weiter angezogen.

Redaktion beck-aktuell, 24. April 2019 (dpa).