VG Halle: Muslimische Grundschulschülerin darf vor Schwimmunterricht in Badebekleidung duschen

Eine muslimische Grundschülerin darf bei der Teilnahme am Schulschwimmunterricht entgegen der Haus- und Badeordnung des Schwimmbades in ihrer Badebekleidung duschen. Dies hat das Verwaltungsgericht Halle mit Eilbeschluss vom 15.08.2019 entschieden. Da das Duschen nicht Bestandteil des Schwimmunterrichts sei und keine integrative Funktion habe, komme eine Einschränkung der Glaubensfreiheit nicht in Betracht (Az.: 6 B 243/19 HAL).

VG: Glaubensfreiheit umfasst Tragen bestimmter Kleidung

Die Schülerin hatte unter Bezugnahme auf bestimmte Suren des Korans dargelegt, dass es nach ihrer Glaubensüberzeugung nicht erlaubt sei, sich vor anderen Personen, die nicht zur Familie gehören, nackt zu zeigen. Das VG führte aus, dass Art. 4 Abs. 1 und 2 GG dem Einzelnen das Recht gewährleiste, nach seiner Glaubensüberzeugung zu leben und seinen Glauben zu bekunden. Die Glaubensfreiheit sei als Teil des grundrechtlichen Wertesystems dem Gebot der Toleranz zugeordnet und insbesondere auf die Würde des Menschen bezogen (Art. 1 Abs. 1 GG). Sie umfasse das Tragen bestimmter Kleidung und stehe auch bereits Kindern zu, auch wenn diese bis zu ihrer Religionsmündigkeit zunächst von ihren Eltern vertreten werden.

Befreiung von Unterrichtsveranstaltungen in Ausnahmefällen

Zwar seien sowohl die Glaubensfreiheit der Antragstellerin als auch das religiöse Erziehungsrecht der Eltern Einschränkungen zugänglich. Bei Auftreten eines konkreten Konflikts sei aber zunächst eine Kompromisslösung zu suchen, wobei die Befreiung von Unterrichtsveranstaltungen allerdings im Hinblick auf die Integrationsfunktion der Schule nur in Ausnahmefällen möglich sei.

Duschen aber nicht Bestandteil des Schwimmunterrichts und ohne integrative Funktion

Da es im vorliegenden Fall lediglich um das vor dem Unterricht erfolgende Duschen gehe, welches nicht Bestandteil des Schwimmunterrichts ist und dem auch keine integrative Funktion zukomme, könne dies die religiösen Grundrechte der Antragstellerin nicht einschränken.

VG Halle, Beschluss vom 15.08.2019 - 6 B 243/19

Redaktion beck-aktuell, 21. August 2019.