Trotz Bestnoten: Ex-Richter verliert im Kampf um neue Richterstelle

Jahre, nachdem er sich aus dem Richteramt in die Verwaltung versetzen ließ, bewarb sich ein Ex-Richter auf eine Proberichterstelle am VG. Dass er nicht genommen wurde, lag weder an seinen Noten noch an seiner dienstlichen Beurteilung, sondern an Zweifeln an seiner Motivation und Belastbarkeit.

Das Auswahlgremium zur Besetzung zweier Proberichterstellen konnte seine Entscheidung im Wesentlichen auf Einzelinterviews stützen. Es durfte dabei einen Bewerber trotz herausragender fachlicher Eignung ablehnen, da Zweifel an seiner Motivation und – aufgrund seiner dienstlichen Vergangenheit - an seiner Belastbarkeit bestanden. Das VG Bremen lehnte seinen Eilantrag auf vorläufige Nichtbesetzung damit ab (Beschluss vom 30.07.2025 – 6 V 1432/2).

13,04 Punkte im ersten, 11,65 Punkte im zweiten Staatsexamen – auf dem Papier übertraf ein Bewerber die Anforderungen der begehrten VG-Proberichterstelle. Nach "strukturierten Auswahlgesprächen" mit biografischen Fragen, Rollenspielen und näherer Eignungsprüfung entschied sich das Prüfgremium trotzdem für zwei Mitbewerber. Zwar zeige der Bewerber ausgezeichnete juristische Qualifikationen und auch seine bisherige dienstliche Beurteilung als Regierungsdirektor falle positiv aus. Allerdings habe er sich im Jahr 2019 von seiner vorherigen Richtertätigkeit am VG Bremen in die Verwaltung versetzen lassen, da ihn die Asylverfahren psychisch erheblich belastet hätten. Das Gremium bemängelte, dass er diesen inneren Konflikt bei der erneuten Bewerbung nicht aufgelöst habe. Außerdem sei er nach eigenen Angaben "zufällig" auf die Ausschreibung gestoßen und habe sich beworben, weil es ihm am Verwaltungsgericht "immer gut gefallen" habe. Diese Gründe ließen an der persönlichen Motivation sowie daran zweifeln, dass er sich die Bewerbung wirklich reiflich überlegt habe.

Gegen diese Entscheidung wandte sich der Bewerber im Eilverfahren: Das Gericht habe seine dienstlichen Beurteilungen ignoriert und solle daher die Stellen solange nicht besetzen, bis in einem Hauptsacheverfahren rechtskräftig über seine Bewerbung entschieden worden sei. Das VG Bremen hielt die Entscheidung des Beteiligungsausschusses nun jedoch für fehlerfrei und lehnte den Antrag ab.

Einzelgespräche waren zentral

Das VG betonte, dass die Bestenauslese grundsätzlich durchaus nach dem Leistungsprinzip – und damit anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen - erfolge. So lege es Art. 33 Abs. 2 GG fest, der jedem nach "Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung" den gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern ermögliche. Auswahlgespräche seien dabei höchstens ergänzend zu berücksichtigen. Anders liege es aber bei einem "heterogenen" Bewerberfeld, bei dem – wie bei Proberichterstellen üblich - nur ein Teil überhaupt Beurteilungen vorweisen könne. In solchen Fällen sei es nicht nur zulässig, sondern "geboten", die Gespräche stärker zu gewichten, damit eine eindeutige Entscheidung getroffen werden könne.

Der Ausschuss habe dabei die fachliche Eignung des Bewerbers nicht außer Acht gelassen, sondern im Gegenteil sogar hervorgehoben und positiv gewertet. Zu Recht habe der Ausschuss aber auch weiterhin daran gezweifelt, ob der Bewerber im Hinblick auf Asylverfahren ausreichend belastbar sei. Schließlich sei er gerade aus diesem Grund aus seiner vorherigen Richtertätigkeit ausgeschieden und habe im Bewerbungsverfahren nichts näher dazu ausgeführt, inwiefern sich diese Problematik nun verbessert habe. Obwohl andere Bewerberinnen und Bewerber – teils als Berufsanfänger - keine ähnlichen Vorfälle vorzuweisen hatten, habe der Ausschuss anhand dessen auf eine fehlende Motivation des Bewerbers schließen dürfen. Gleiches gelte für seine Aussage, nur zufällig auf die Stellenausschreibung gestoßen zu sein.

Examensnoten sind nicht alles

Das Gericht korrigierte die Ausführungen des Ausschusses sogar: Der Bewerber liege nicht nur "leicht" über dem Notendurchschnitt der anderen, sondern gleich um eine ganze Notenstufe ("gut" statt "vollbefriedigend"). Das bedeute aber nicht, dass andere relevante Kriterien außer Acht gelassen werden dürften. So etwa die Motivation für das Richteramt, berufliche Erfahrungen und "unverzichtbare" Charaktereigenschaften wie Verantwortungsbewusstsein, soziale Kompetenz, Einsatzbereitschaft und innere Unabhängigkeit.

Es liege gerade im Ermessen des Gremiums, dieser persönlichen Eignung einen besonders hohen Stellenwert beizumessen. Dabei dürfe es aus der aus seiner Sicht mangelnden "Überzeugungskraft und Authentizität" von Interviewantworten auf eine fehlende persönliche Eignung schließen. 

VG Bremen, Beschluss vom 30.07.2025 - 6 V 1432/25

Redaktion beck-aktuell, tbh, 21. August 2025.

Mehr zum Thema