Obwohl 2024 schon Louisiana vor Gericht damit gescheitert war, alle staatlichen Schulen des Bundesstaats mit den Zehn Geboten auszustatten, versuchte Arkansas im Jahr 2025 eine vergleichbare Regel einzuführen: In Postergröße "gut sichtbar" und in einer Schriftgröße, die es jedem Schüler ermöglichte, sie zu lesen, sollten sie in jedem Klassenzimmer von öffentlichen allgemeinbildenden Schulen hängen – selbst im Sportunterricht kämen die Minderjährigen nicht drumherum, sie wahrzunehmen. Dagegen klagten 14 Schülerinnen und Schüler mitsamt ihrer Eltern und beriefen sich dabei auf die Religionsklauseln des Ersten Verfassungszusatzes – vorläufig mit Erfolg.
Im Rahmen einer einstweiligen Anordnung verpflichtete das Bundesbezirksgericht (Case 5:25-cv-05127-TLB über die Webseite courthousenews.com, die über das Urteil zuerst berichtete) die Schulen in den vier beklagten Bezirken, es zu unterlassen, den Arkansas Act 573 bis zur Entscheidung in der Hauptsache anzuwenden.
Das Gesetz, das die prominente Sichtbarkeit der Zehn Gebote vorschreibt, verstoße gegen den Ersten Zusatzartikel zur Verfassung, wonach der Staat "kein Gesetz erlassen darf, das die Einführung einer Staatsreligion betrifft oder die freie Ausübung einer Religion verbietet" (Übersetzung durch Verf.). Es sei offenkundig verfassungswidrig und Teil einer koordinierten Strategie mehrerer Bundesstaaten, die christliche Lehre in Klassenzimmer zu bringen ("Why would Arkansas pass an obviously unconstitutional law? Most likely because the State is part of a coordinated strategy among several states to inject Christian religious doctrine into public-school classrooms."), heißt es in dem Urteil.
Religiöser Zwang
Das Gericht zog die drei wichtigsten Gründungsdokumente der Vereinigten Staaten heran und stellte fest, dass das amerikanische Rechtssystem nicht auf den Zehn Geboten basiere. Es gebe auch keine Tradition, die zu deren Aushängung verpflichte. Vielmehr habe schon der Gründervater James Madison geschrieben: "Die Religion jedes Menschen muss daher seiner Überzeugung und seinem Gewissen überlassen bleiben, und es ist das Recht jedes Menschen, sie so auszuüben, wie es ihm diese vorschreiben. Dieses Recht ist seinem Wesen nach ein unveräußerliches Recht" (Übersetzung durch Verf.).
Das Gesetz 573 verstoße gegen die Religionsfreiheit, weil die Plakate religiösen Zwang ausübten: Die anwesenheitspflichtigen minderjährigen Schüler und Schülerinnen seien noch anfällig für Gruppenzwang und betrachteten Lehrkräfte als Vorbilder. Da sie sich in der Schule nicht frei bewegen könnten, könnten sie der Indoktrination nicht entkommen. Das Bundesbezirksgericht gehe deshalb davon aus, dass mit dem Gesetz eine Staatsreligion eingeführt werden solle.
Verstoß gegen Religionsausübungsfreiheit
Der Richter hielt das Gesetz auch nicht für religionsneutral: Die Zehn Gebote nach James King stünden mit dem Protestantismus in Verbindung und schlössen andere Glaubensrichtungen aus. Nichtgläubige oder andersgläubige Kinder würden in der Schule hinsichtlich ihrer Religionsausübungsfreiheit unterdrückt. Deren Eltern würden in ihrem Recht, die religiöse Zukunft ihrer Kinder zu steuern, beeinträchtigt.
Ein zwingendes Interesse für diese Einschränkungen habe der Staat nicht dargetan, daher habe das Gericht im Rahmen der Abwägung zugunsten der Schüler entschieden. Der – selbst kurzzeitige - Verlust der Religionsfreiheit zieht dem Gericht zufolge einen irreparablen Schaden nach sich.