Ungarn: Scharfe Kritik an Orbans Plänen zu NGOs

Die Absicht des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, zivilen Flüchtlingshelfern die Arbeit zu verbieten, ist international auf scharfe Kritik gestoßen. "Diese Einstellung passt zu einem Diktator, dem der Machterhaltungstrieb wichtiger ist als jeglicher politischer moralischer Anstand", sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn dem Berliner "Tagesspiegel“ in der Ausgabe vom 20.02.2018.

Orban droht NGOs mit Rauswurf

Der rechts-nationale Budapester Politiker hatte am 18.02.2018 in seiner jährlichen "Rede zur Lage der Nation“ zivilen Nichtregierungs-Organisationen (NGOs), die Flüchtlingen helfen, mit der Schließung gedroht. Neue Gesetze, die ihre Tätigkeit einschränken sollen, seien in Vorbereitung. Würden sich die Zivilorganisationen nicht daran halten, "werden wir sie aus dem Land werfen, egal, wie groß oder mächtig sie sind“, sagte Orban. Die Debatte über die Gesetzesentwürfe beginnt am 20.02.2018 im Budapester Parlament.

Asselborn: "Die EU muss aufstehen und sich empören“

Als Reaktion darauf forderte Asselborn im "Tagesspiegel“ den Entzug der ungarischen Stimmrechte in der EU. Der dies ermöglichende Artikel 7 des EU-Vertrags sei "mit Nachdruck zu aktivieren", sagte er. "Die EU muss aufstehen und sich empören", fügte der dienstälteste Außenminister der EU hinzu. Im Dezember 2017 hatte die EU-Kommission wegen der umstrittenen Justizreform in Polen ein Artikel-7-Verfahren gegen Warschau eingeleitet.

Menschenrechtsorganisationen protestieren gegen Pläne

Mehr als 200 europäische Menschenrechtsorganisationen protestierten am 19.02.2018 gegen die geplanten Anti-NGO-Gesetze in Ungarn. "Wir bekunden unsere Solidarität mit der Zivilgesellschaft und allen Menschenrechtsverteidigern in Ungarn“, heißt es in dem gemeinsamen Brief der Organisationen, der gestern von Amnesty International Deutschland veröffentlicht wurde. Die Unterzeichner fordern die Ablehnung der Gesetzesinitiative.

Orbans Angst vor Masseneinwanderung

In seiner Rede am 18.02.2018 begründete Orban das harte Vorgehen gegen Flüchtlingshelfer mit der angeblichen Gefahr, die von der "Masseneinwanderung von Muslimen“ nach Europa ausgehe. "Wenn das so weitergeht, wird die Mehrheit in den Großstädten Europas eindeutig muslimisch sein. (...) Die Nationen hören auf zu existieren, der Westen fällt, während es Europa nicht einmal merkt, dass es okkupiert wird“, erklärte er vor mehreren hundert geladenen Gästen in Budapest. Nach einem Treffen mit seinem bulgarischen Amtskollegen Boiko Borissow in Bojana bei Sofia sagte Orban weiter: "Die Migration ist gefährlich für die Sicherheit, für unsere Lebensweise und die christliche Kultur.“ Die EU solle nicht die Umverteilung (von Flüchtlingen) in den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit setzen, sondern den Schutz der Grenzen, sagte er weiter.

Fidesz-Partei bleibt höchstwahrscheinlich an der Macht

Der seit 2010 regierende Orban hat sein Land gegenüber Flüchtlingen und Asylsuchenden weitgehend abgeschottet. Kritiker werfen ihm außerdem den Abbau von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vor. Am 08.04.2018 wählen die Ungarn ein neues Parlament. Der Wahlsieg von Orbans Fidesz-Partei gilt als so gut wie sicher.

Redaktion beck-aktuell, 20. Februar 2018 (dpa).