Putzen des Autofensters vor der Fahrt zur Arbeit: Sturz als Wegeunfall versichert

Wer unmittelbar vor der Fahrt zur Arbeit die Autofenster reinigt, weil sie wegen schlechten Wetters dreckig geworden sind, ist bei einem Sturz unfallversichert. Diese Vorbereitungshandlung ist dem SG Hamburg zufolge keine Zäsur, die das ausschließt.

Ein Bäcker verließ nachts sein Haus und wollte zur Arbeit fahren, als er sah, dass seine Autofenster durch den vorherigen Regen erheblich mit Laub und Schmutz verunreinigt waren. Also ging er erst mal drei Minuten mit einem Tuch um seinen Wagen herum und säuberte die Schreiben. Als er dann einsteigen wollte, stürzte er und erlitt komplizierte Brüche der Hand. Die Unfallversicherung lehnte den Versicherungsschutz ab, weil sie keinen Wegeunfall sah. Doch das SG Hamburg (Urteil vom 20.06.2025 – S 40 U 140/23 D) gab dem Bäcker recht.

Es stellte das Vorliegen eines Wegeunfalls nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII fest, weil die Fensterreinigung im unmittelbaren zeitlichen, räumlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Fahrt zur Arbeit stand. Nicht nur die Fortbewegung an sich, sondern auch alle Nebentätigkeiten, die diese Fortbewegung erst ermöglichen, seien vom Schutzzweck der Norm umfasst. Genau wie jemand, der vor Antritt der Fahrt die Scheiben im Winter erst vom Eis freikratzen muss oder an einer Haltestelle auf den Bus wartet, sei auch der Kläger geschützt gewesen.

Keinen Verkehrsunfall riskiert

Die Hamburger Sozialrichterin begründete ihre Entscheidung zum einen mit dem Schutzzweck der Norm: Dem liefe es entgegen, wenn der Mann seine Fenster nicht hätte sauber machen dürfen und dann infolge der schlechten Sichtverhältnisse einen Unfall erlitten hätte. Die Vorschrift wolle auf keinen Fall Anreize setzen, notwendige Vorkehrungen für eine sichere Fahrt zu unterlassen und damit Risiken einzugehen, die in einem Unfall münden könnten.

Die 40. Kammer grenzte das Fensterputzen von den Fällen ab, in denen ein Arbeitnehmer seinen Wagen wöchentlich wäscht oder sogar auf dem Weg zur Arbeit volltankt. Denn damit würde der Fahrer rein eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgen. Die bloße Erfüllung seiner straßenverkehrsrechtlichen Pflichten nach § 23 Abs. 1 Satz 1 StVO bilde aber eine natürliche Handlungseinheit mit dem versicherten Weg zur Bäckerei.

SG Hamburg, Urteil vom 20.06.2025 - S 40 U 140/23

Redaktion beck-aktuell, rw, 3. Juli 2025.

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