Polen: Verfassungsgericht erklärt Teil des Holocaust-Gesetzes für rechtswidrig

Polens Verfassungsgericht hat einen Passus des sogenannten Holocaust-Gesetzes für rechtswidrig erklärt, der etwa positive Äußerungen über Taten ukrainischer Nationalisten unter Strafe stellt. Die Bezeichnung "ukrainische Nationalisten" und einige weitere in der Novelle enthaltene Begriffe seien unpräzise formuliert, so dass deren Anwendung gegen Grundsätze korrekter Gesetzgebung verstoßen könne, argumentierte am 17.01.2019 das Warschauer Gericht.

Gesetz hatte diplomatische Krise mit Israel und Ukraine ausgelöst

Das sogenannte Holocaust-Gesetz hatte Polen vor etwa einem Jahr in eine tiefe diplomatische Krise mit Israel und der Ukraine gestürzt. Die Vorschrift sah zunächst Geld- und Haftstrafen für diejenigen vor, die dem polnischen Staat oder Volk "öffentlich und entgegen den Fakten" die Verantwortung oder Mitverantwortung für Verbrechen des Nazi-Regimes zuschreiben. Kritiker warfen der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) unter anderem vor, von Polen begangene Verbrechen an Juden vertuschen zu wollen. Um den Streit mit Israel zu entschärfen, strich Warschau die Haftstrafen aus dem Gesetz.

Ukraine wehrte sich gegen Gesetz

Auch die Beziehungen zu Kiew wurden durch die Vorschrift belastet. Das dortige Parlament kritisierte, mit der Novelle würden die ukrainischen Unabhängigkeitsbestrebungen mit den Verbrechen der Nationalsozialisten und Kommunisten gleichgesetzt. Warschau definiert die unter der deutschen Besatzung 1943 erfolgten Massenmorde an Zivilisten im heutigen westukrainischen Wolhynien als Genozid am polnischen Volk. In der Ukraine gelten die Nationalisten dagegen als Kämpfer für die Unabhängigkeit – vor allem von der Sowjetunion. Kiew hatte schon 2015 jede Kritik an den Handlungen ukrainischer Nationalisten insbesondere in Bezug auf den Zweiten Weltkrieg unter Strafe gestellt.

Redaktion beck-aktuell, 18. Januar 2019 (dpa).